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Freie Fahrt: Noch kann man den Grenzübergang zwischen Flensburg und dem dänischen Krusa ungehindert passieren. Foto: Carsten Rehder/dpa

© dpa

Politik: Doch keine neuen Grenzkontrollen?

Dänemarks Opposition stoppt nach internationaler Kritik die Pläne der Regierung

Die dänischen Oppositionsparteien wollen der bürgerlichen Minderheitsregierung von Premier Lars Løkke Rasmussen die rote Karte zeigen: Mit einem Gegenvorschlag soll die Regierung daran gehindert werden, wieder permanente Kontrollen an den Landesgrenzen zu Deutschland und Schweden einzuführen. Dazu legten die oppositionellen Sozialdemokraten, die sozialistische Volkspartei und die Linksliberalen einen eigenen Vorschlag vor, der ebenfalls eine strengere Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität vorsieht. Allerdings will die Opposition das mit „mobilen, flexiblen und bedarfsangepassten Einsätzen“ erreichen. Über diesen Vorschlag wird das dänische Parlament in der kommenden Woche beraten. Die Regierung hat im Folketing keine eigene Mehrheit. Deshalb gilt der Ausgang der Abstimmung, die noch in diesem Monat stattfinden muss, als unsicher.

Die überraschende Wende kam zustande, nachdem sich die Oppositionsparteien verbündet und gegen die Aufstockung der Mittel um 50 Millionen Kronen (rund 6,7 Millionen Euro) für erweiterte Grenzkontrollen gestimmt hatten. Die Sozialdemokraten als größte Oppositionspartei begründeten ihren Kurswechsel mit der massiven internationalen Kritik an dem dänischen Vorhaben.

Die dänische Regierung hatte im Mai die Wiedereinführung von Grenzkontrollen beschlossen. Mit rund 100 weiteren Zollbeamten, verbesserter technischer Ausrüstung und dem Bau von Kontrollstationen wollte die Regierung die zunehmende grenzüberschreitende Kriminalität und illegale Einwanderung bekämpfen. Der international scharf kritisierte Vorstoß kam auf Druck der ausländerfeindlichen dänischen Volkspartei zustande. Sie lässt sich seit mehreren Jahren ihre Unterstützung der Minderheitsregierung hoch bezahlen: In diesem Fall stimmte sie einer neuen Rentenreform zu und erstritt sich dafür den Vorschlag nach Wiedereinführung der Grenzkontrollen.

Nach der Ankündigung der neuen Kontrollen sah sich Dänemark einer massiven internationalen Kritik ausgesetzt. Die EU-Kommission sowie die betroffenen Länder Deutschland und Schweden verurteilten den dänischen Plan als Verstoß gegen das Abkommen von Schengen, das die freie Beweglichkeit innerhalb der Schengen-Länder garantiert. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hatte am Donnerstag noch einmal unterstrichen, dass er es nicht akzeptieren könne, „dass die Schengen-Reisefreiheit auf kaltem Weg und indirekt unterlaufen wird“. Die Vorsitzende der Dänischen Volkspartei, Pia Kjærsgaard, wies die Kritik zurück und betonte immer wieder, die Einführung der erweiterten Grenzkontrollen stehe nicht im Widerspruch des Schengen-Abkommens, da es sich nicht um Polizei-, sondern nur um Zollkontrollen handelt.

Doch nicht nur im Ausland, sondern auch in Dänemark selbst gibt es prominente Kritiker des Vorstoßes. Der ehemalige dänische Außenminister Uffe Ellemann-Jensen spricht von einer für das Land schädlichen „Symbolpolitik“: „Wenn man es tatsächlich ernst mit der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität meinen würde, hätte man zunächst an der europäischen Polizeizusammenarbeit teilnehmen müssen“, sagte der angesehene liberale Politker.

Tatsächlich hat sich Dänemark bei seinem Beitritt zur Europäischen Union einige Ausnahmeregeln ausgehandelt: So nimmt das Land weder an der Währungsunion, noch an einer gemeinsamen Verteidigung, einer grenzüberschreitenden Polizeikooperation und einer europäischen Asylpolitik teil.

Helmut Steuer[Stockholm]

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