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Politik: Doppelt getroffen

Wegen immer neuer Anschläge will kaum ein Iraker Polizist werden – und die US-Soldaten bleiben in der Pflicht

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Von Andrea Nüsse, Amman,

und Frank Jansen

Die großen Werbeplakate in den Straßen Bagdads oder Basras zeigen nur die eine Seite der Medaille: Eine Frau und drei Männer in blauen, braunen und khakifarbenen Uniformen werben mit zuversichtlichem Blick für die Mitarbeit in der irakischen Polizei, im Zivilen Verteidigungskorps oder der neu zu schaffenden Armee. Doch das Werbeplakat verschweigt, was jeder im Irak weiß: Genau jene Iraker sind ein regelmäßiges Ziel von Terroranschlägen. So galten auch die Autobomben im britisch kontrollierten Basra den neuen irakischen Sicherheitskräften: Drei Polizeistationen und ein Trainingslager wurden teilweise zerstört, dabei kamen auch zahlreiche Passanten, darunter 20 Kinder in einem Schulbus ums Leben. Da die Explosionen fast gleichzeitig erfolgten, liegt es nahe, dass es sich bei den Tätern um eine organisierte Terrorgruppe handelt. So sah denn auch der Gouverneur von Basra bei den Anschlägen die Handschrift von Al Qaida.

Nach US-Angaben sind seit einem Jahr etwa 350 Mitglieder der irakischen Sicherheitskräfte bei Anschlägen und Überfällen getötet worden. Diese Gefahr hält viele Iraker davon ab, sich zu engagieren. Gleichzeitig schwächt jeder Anschlag auf irakische Sicherheitskräfte auch die USA. Denn deren Aufbau ist eine tragende Säule ihres Plans, die Lage zu stabilisieren und den Irakern mehr Macht zu übertragen. Bisher sollen etwa 15 000 bis 20 000 Iraker in dem paramilitärischen Irakischen Zivilen Verteidigungskorps (ICDC) arbeiten. Sie sind für die Sicherheit von Straßen, Gebäuden, Checkpoints und allgemein für die innere Sicherheit zuständig. Etwa 60 000 Iraker haben bisher das achtwöchige Training als Polizist durchlaufen. Der Kern der neuen irakischen Armee besteht nach Angaben der Sicherheitsfirma Global Security heute aus etwa 2000 Mann.

Deutsche Sicherheitskreise halten es für unwahrscheinlich, dass hinter den Anschlägen in Basra militante irakische Schiiten oder sogar Kämpfer der libanesisch-schiitischen Terrororganisation Hisbollah stecken könnten. Medienberichte, die von Iran aufgebaute Hisbollah bilde jetzt Kämpfer im Süden des Irak aus, träfen nicht zu, sagte ein Experte dem Tagesspiegel. Für die Anschläge seien wahrscheinlich entweder Islamisten mit Nähe zu Al Qaida oder Täter aus dem Umfeld Saddam Husseins verantwortlich. Im Unterschied zu den USA gehen deutsche Sicherheitskreise davon aus, dass der Terror vor allem auf das Konto von Einheimischen geht. Ein Indiz: Unter den Festgenommenen befänden sich weit mehr Iraker als Ausländer. Die Zahl der ausländischen Kämpfer bezifferte ein Experte auf mehrere hundert – es seien nicht Tausende, wie die USA behaupteten.

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