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Neue Debatte um doppelte Staatsbürgerschaft.

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Update

Doppelte Staatsbürgerschaft: SPD weist Kritik von Buschkowsky zurück

Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat sich nochmals für die doppelte Staatsbürgerschaft ausgesprochen. Das führt zu Kritik in der CSU. Und in der SPD ruft das Heinz Buschkowsky wieder auf den Plan.

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Die doppelte Staatsbürgerschaft könnte zum neuen Konfliktthema innerhalb der schwarz-gelben Koalition werden. Aber auch in der SPD. Denn Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky erklärte in einer Kolumne für die „Bild“-Zeitung, hinter dem Wunsch nach mehreren Pässen stehe wohl das Ziel, „hier oder dort Vorteile im Sozialsystem, bei der Krankheits- und Altersversorgung oder beim Aufenthaltsrecht abzugreifen“. Auch ermöglichten mehrere Staatsangehörigkeiten „das Abtauchen, die Flucht und den Schutz vor Bestrafung für Missetaten“. Die Integrationsbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion, Aydan Özoguz, verteidigte dagegen die doppelte Staatsbürgerschaft gegen Buschkowskys Kritik. „In 19 europäischen Staaten gibt es die doppelte Staatsbürgerschaft und trotzdem entstehen dort keine rechtsfreien Räume. Das wollen wir auch nicht. Wir wollen aber der Lebenswirklichkeit der Menschen entgegenkommen“, sagte sie dem Tagesspiegel. Sie begrüßte zwar die Äußerungen von Leutheusser-Schnarrenberger, sieht darin aber vor allem ein Wahlkampfmanöver. „Die FDP ist bei diesem Thema vollkommen unglaubwürdig. Wir haben im Bundestag eine Debatte über die doppelte Staatsbürgerschaft geführt. Wenn die FDP damals mit der Opposition gestimmt hätte, hätten wir die doppelte Staatsbürgerschaft im Bundestag beschließen können. Die FDP hat sich aber verweigert“, sagte Özoguz weiter.

Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hatte die doppelte Staatsbürgerschaft überraschend auf die Agenda gehoben. "Integration kann auch durch doppelte Staatsbürgerschaft gefördert werden, wie die vielen Fälle von gut integrierten Bürgern mit Doppelstaatsbürgerschaft zeigen“, sagte die Justizministerin am Dienstag „Spiegel online“. Dazu solle das geltende Optionsrecht reformiert werden. „Die Optionslösung gehört auf den Prüfstand, wenn es dazu führt, dass sich Menschen von Deutschland abwenden.“ Nach dem seit 2000 geltenden Optionsrecht müssen hier geborene Kinder von ausländischen Staatsbürgern, die aus Nicht-EU-Staaten kommen, bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres nachweisen, ob sie ihre ausländische Staatsbürgerschaft aufgegeben oder verloren haben.Tun sie das nicht, verlieren sie ihre deutsche Staatsbürgerschaft.

Vor allem in der CSU stößt das auf Widerstand. "Zur doppelten Staatsbürgerschaft sagen wir klar nein. Die deutsche Staatsbürgerschaft ist kein Ramschartikel, den man billig verscherbelt", sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt dem Tagesspiegel. "Wer Deutscher werden will, soll sich vorbehaltlos zu unserem Land und unserer Grundordnung bekennen, da gibt es keinen Platz für Hintertürchen“, erklärte Dobrindt weiter.

Auch andere in der CSU sind gegen eine neue Debatte über die doppelte Staatsbürgerschaft. "Ich sehe keine Entwicklung und keine Veranlassung zu einer Veränderung unserer Position", sagte auch CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt. Die doppelte Staatsbürgerschaft sei kein Beitrag für eine bessere Integration von Ausländern. Und CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl ist ebenfalls kein Freund der doppelten Staatsbürgerschaft. "Die doppelte Staatsbürgerschaft ist in CDU und CSU nicht mehrheitsfähig. Denn hier gilt der Grundsatz, doppelte Staatsbürgerschaften sind zu vermeiden, weil sie sowohl für die Menschen als auch die Staaten Loyalitätskonflikte in vielen Bereichen, wie im Wahlrecht, im Familienrecht oder bei der Wehrpflicht auslösen", sagte er dem Tagesspiegel. Diese Koalition werde keine Änderungen beschließen - auch Frau Leutheusser-Schnarrenberger habe diesem Koalitionsvertrag zugestimmt. "Insofern sind ihre jüngsten Äußerungen schon verwunderlich und nur damit zu erklären, dass die Justizministerin sich und die FDP attraktiv für eine Ampel mit SPD und Grüne machen will." Ab dem kommenden Jahr lägen mehr Zahlen und Erfahrungen vor, dann könne man möglicherweise über Veränderungen reden, aber die Tendenz gehe dabei klar in eine Richtung: die doppelte Staatsbürgerschaft wieder abzuschaffen. "Ein Sonderfall ist die Türkei. Gängige Praxis ist hier, dass Türken die türkische Staatsbürgerschaft aufgeben, um die deutsche Staatsbürgerschaft zu erlangen. Anschließend erhalten sie ohne Wissen des deutschen Staates die türkische Staatsbürgerschaft zurück. Dieser missbräuchliche Erwerb einer doppelten Staatsbürgerschaft mit Wissen und Wollen des türkischen Staates muss beendet werden."

In der CDU ist man zwar auch eher gegen die doppelte Staatsbürgerschaft, signalisiert aber Gesprächsbereitschaft. „Wir sehen nach wie vor die Problematik der Pflichtenkollision“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) am Dienstag in Berlin. Aber: „Wenn der Koalitionspartner anderer Auffassung ist, werden wir uns damit zu beschäftigen haben.“

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann, begrüßte die Initiative der Justizministerin „Schön, dass die verzweifelt ums Überleben kämpfende FDP nun plötzlich ihre Liebe zur doppelten Staatsbürgerschaft entdeckt.“ Seit dem Jahr 2000 habe die FDP immer wieder entsprechende SPD-Initiativen abgelehnt, betonte Hartmann.

Unterstützung bekommt Leutheusser-Schnarrenberger von FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle. Er will junge Migranten zum Bleiben in Deutschland bewegen. „Ich bin sehr für ideologische Abrüstung bei der Frage einer doppelten Staatsbürgerschaft“, sagte er dem „Handelsblatt“ (Dienstag). Entscheidend sei nicht, ob jemand zwei Pässe habe, sondern ob er sich in Deutschland integriere und einbringe. „Qualifizierte Zuwanderung sichert unseren Wohlstand. Ich bin für eine Willkommenskultur“, sagte Brüderle.

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