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Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder und seine Frau Doris Schröder-Köpf (beide SPD) geben am 20.01.2013 in Hannover (Niedersachsen) ihre Stimmen für die Landtagswahl 2013 in Niedersachsen ab

© dpa

Doris Schröder-Kopf: Zwischen Stolz und Ernüchterung

Merkwürdig ist er, der Abend in Hannover. Die Niedersachsen haben das Patt gewählt, der feiern darf und wer jammern muss, ist noch offen. Nur zwei jubeln schon mal: die Schröders.

Bis gegen 20 Uhr hat Gerhard Schröder, Altkanzler und ehemaliger Ministerpräsident von Niedersachsen, zu Hause ausgeharrt, hat die Wahl gemeinsam mit der Schwiegermutter und Freunden vor dem Fernseher verfolgt. Dann, als das Pendel doch in Richtung Rot-Grün auszuschlagen scheint, kommt er ein paar Minuten nach seiner Frau Doris Schröder-Köpf zur Wahlparty der Sozialdemokraten in das Alte Rathaus in Hannovers Innenstadt, einen Steinwurf vom Landtag entfernt. Zur gleichen Zeit macht sich der SPD-Spitzenkandidat Stephan Weil von seinem Interviewmarathon im Landtag in Richtung Rathaus auf. Im Vorbeischlendern sagt er, „ganz ehrlich, ich bin zufrieden, weil ich denke, dass ich alles getan habe, was ich tun konnte“. Gerhard Schröder sieht das ähnlich, Weil habe „herausragend gekämpft“, und er habe jetzt nichts zu beanstanden, sagt er. Doris Schröder-Köpf , die neben ihm steht, weiß in diesem Moment, dass ihr eigener Wahlkreis verloren gegangen ist, trotzdem wird sie über die Landesliste sicher in den Landtag einziehen. Schröder lächelt sein Kanzler-Lächeln und findet: „Bei der letzten Wahl hatte der CDU- Mann zehn Prozent Vorsprung, jetzt sind es nur noch sechs. Das ist ein persönlicher Sieg meiner Frau.“ Auf der Bühne sagt Schröder später, Weil müsse das schaffen, denn er wolle „endlich mal wieder in die Staatskanzlei gehen“. Schröder-Köpf, die Integrationsbeauftragte in einer Regierung Weil werden würde, ist im SPD-Team im Prinzip die einzig wirklich prominente Kandidatin. Kurz vor 21 Uhr, als immer noch nicht klar ist, ob es vielleicht doch zu Rot-Grün reicht, wiederholt sie das, was sie schon in der Nacht zum Sonntag in einer Kneipe in ihrem Wahlkreis gesagt hat: „Ich habe ein gutes Gefühl. Wir schaffen das.“ Es ist ein Abend mit völlig unterschiedlichen Gefühlslagen. Niemand kann sich daran erinnern, wann eine Wahl zuletzt so kurios und knapp war. Bei den Parteien und ihren Mitgliedern wechselt Jubel und Trauer, Stolz und Ernüchterung stündlich, so dicht liegen die Lager beieinander.

Wie immer begegnet Weil dem Jubel etwas unbeholfen

Gegen 21 Uhr betritt Stephan Weil, der seinen Wahlkreis gewinnen konnte, unter donnerndem Applaus die Bühne im Alten Rathaus. Wie immer begegnet er dem Jubel etwas unbeholfen. Seine Stimme überschlägt sich fast. Er sagt: „Ich bin gekommen, um mich zu bedanken. Wir haben Charakter bewiesen.“ Dann sagt er, es werde noch ein spannender Abend, aber da pfeifen die Mitglieder, denn sie wollen einen siegesgewissen Spitzenmann, keinen zögernden. „Na gut, wenn ihr das so wollt, machen wir das so“, sagt Weil. Ein paar Stunden zuvor, kurz nach 18Uhr, sind diese Mitglieder noch ziemlich deprimiert. Wie sollte es auch anders sein, wenn man doch im Herbst noch mit zehn Prozentpunkten vorne lag und nun plötzlich rund 15000 Stimmchen hinter Schwarz-Gelb. Eine Situation zum Verzweifeln. Natürlich versuchen sich die Genossen in ihrem Sitzungssaal 122 im Landtag auf die Lippen zu beißen, um den Namen Peer Steinbrück nicht auszusprechen, aber viele haben die Faust dabei geballt oder seufzen. Auch Weil sieht in den ersten Interviews angeschlagen aus, es gibt auch Fragen jenseits von Steinbrück: War er zu vorsichtig gewesen, hat er, der Fußball- Fan, es versäumt, das entscheidende Tor zu schießen?

Die Grünen haben zweimal öffentlich vernehmbar beklagt, dass der Kandidat zu wenig angegriffen hätte. Doch der Oberbürgermeister von Hannover, der sich als Pragmatiker sieht, wollte sich treu bleiben. Er wollte über Themen reden, Bildung, demografischen Wandel, Energiewende oder Jobs, von denen man nicht mehr leben kann, aber immer war schon ein Thema vor ihm da: Peer Steinbrück eben. Bei den Grünen herrscht die gleiche merkwürdige Gefühlslage vor wie bei allen anderen, trotz des besten Ergebnisses in der Landesgeschichte. Die Spitzenkandidatin und Grünen-Landesvorsitzende Anja Piel sagt, kurz bevor sie gegen 21.15 Uhr zur Grünen-Wahlfeier aufbricht: „Wir haben sehr hart gearbeitet und unsere Stimmen gewonnen. Die FDP hat nichts getan und wird über Leihstimmen künstlich am Leben gehalten.“

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