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Dortmund: Das unentdeckte Haushaltsloch

In Dortmund wurde am Tag nach der Wahl bekannt, dass 100 Millionen Euro fehlen. Der Neue SPD-Oberbürgermeister wurde von einem Parteifreund düpiert.

Die Opposition ließ sich diese Vorlage nicht entgehen. Als die ersten Meldungen über das spontane 100-Millionen- Haushaltsloch in Dortmund auf dem Markt waren, hagelte es schon Kritik aus Düsseldorf. Die Sache war der im Lande regierenden CDU so wichtig, dass sich Generalsekretär Hendrik Wüst in die lokale Angelegenheit einschaltete und mit schwerem Geschütz auf die SPD-Hochburg zielte. „Die SPD hat sich die Oberbürgermeisterwahl ergaunert“, schimpfte der CDU-General und verlangte Neuwahlen. Nicht nur Wüst hält das Vorgehen der Sozialdemokraten in ihrer einstigen Hochburg für völlig unglaubwürdig – diese hatten versucht, der Öffentlichkeit die Geschichte von dem wenige Stunden nach der Wahl urplötzlich aufgetretenen Haushaltsloch zu erzählen.

Die Chronologie der Ereignisse war in der Tat bemerkenswert. Die Sozialdemokraten hatten die Wahl überraschend klar gewonnen und sowohl bei der Oberbürgermeisterwahl als auch im Stadtrat klar vorne gelegen. Von den einstigen Ergebnissen jenseits der absoluten Mehrheit in der heimlichen SPD-Hauptstadt haben sie sich inzwischen zwar entfernt, aber Spitzenkandidat Ullrich Sierau hatte mehr als 45 Prozent der Dortmunder für sich gewinnen können; die SPD kam im Rat mit 38 Prozent wieder klar auf Platz eins. Noch am Wahlabend hatte sich der künftige erste Mann im Rathaus bei seinen Anhängern bedankt und noch einmal betont, er stehe „für einen bürgernahen, transparenten und nachhaltigen Politikstil“.

Als Sierau diese Worte sagte, hatte der scheidende Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer allerdings schon eine Bombe im Gepäck, die er am Tag nach der Wahl zu zünden beabsichtigte. Sozialdemokrat Langemeyer verkündete dem staunenden Dortmunder Publikum, dass er urplötzlich gemeinsam mit seiner für die Finanzen zuständigen Kämmerin – ebenfalls eine Sozialdemokratin – nachgerechnet und ein Haushaltsloch von rund 100 Millionen Euro entdeckt habe. Daher müsse er nun eine Haushaltssperre ausrufen. Noch im Wahlkampf hatte die Kämmerin den besorgt fragenden Konkurrenten schriftlich versichert, die Finanzlage sei nicht besonders angespannt. Von einer Haushaltssperre war schon gar keine Rede gewesen.

Seither rufen die anderen Parteien in Dortmund „Betrug“, und die Sozialdemokraten sind in Erklärungsnöten. Schon die Kandidatenfindung in der ehemaligen Biermetropole war schwierig; Oberbürgermeister Langemeyer mochte trotz mancher Skandale und Skandälchen nicht freiwillig weichen, erst ein Aufstand in der Partei machte ihm seine aussichtslose Lage klar.

Ullrich Sierau war schlussendlich der nach hartem parteiinternen Ringen gefundene Kandidat. Der steht jetzt allerdings erst einmal düpiert da. „Das ist der GAU, das ist absolut beschissen, ich wusste nichts davon“, versucht er seinem Publikum zu erklären. Selbst wenn diese Variante stimmt, wirft das kein gutes Licht auf ihn, denn als Baudezernent hatte er bei vielen Runden im Rathaus mit am Tisch gesessen.

Für undenkbar halten Kenner der Dortmunder Sozialdemokratie dies freilich nicht. „Wenn ich Sierau wäre“, urteilt etwa der SPD-Landtagsabgeordnete Günter Garbrecht, „würde ich das als unfreundlichen Akt meines Vorgängers werten.“ Andere Genossen kommentieren die Vorgänge weitaus drastischer: „Das war Rache, die haben den ins Messer laufen lassen.“

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