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Politik: Drehbuch eines Rückzugs

Die NRW-FDP hat einen Plan, ihren Chef Möllemann loszuwerden: Der Landesvorstand löst sich auf und erzwingt Neuwahlen

Von

Von Robert Birnbaum

und Jost Müller-Neuhof

Hat Jürgen Möllemann geglaubt, dass er noch Zeit gewinnen kann? Dann ist er der einzige in der ganzen FDP. Das Drehbuch für das Ende des Politikers Möllemann ist geschrieben. „Wenn er selbst nicht den Notausgang findet, muss die Partei klar und auch für die Menschen draußen erkennbar einen Schlussstrich ziehen“, sagt der stellvertretende NRW-FDP-Chef Andreas Pinkwart dem Tagesspiegel. Und dieser „klare Schlussstrich“ sei nicht irgendwann fällig, sondern an diesem Montag. „Wir können nicht bis November warten“, sagt Pinkwart. Am Montagabend kommt in Düsseldorf der Landesvorstand der Freidemokraten zusammen. Dort, sagt Pinkwart, werde zusammen mit dem Bundesvorsitzenden Guido Westerwelle und den Wirtschaftsprüfern, die Möllemanns Wahlkampf-Sonderkonto als augenscheinliche Spendenwaschanlage enttarnt haben, die Finanzierung des anti-israelischen Flugblatts durchgehen. Bis dahin habe Möllemann Gelegenheit, „mögliche Einwände seinerseits“ vorzutragen. Dann aber müsse die Entscheidung fallen.

Wie sie ausgehen wird, ist für Pinkwart nach dem derzeitigen Sachstand klar: Er rechnet damit, dass die Parteiführung den erkrankten Vorsitzenden zum Rücktritt auffordern wird. Sollte der sich weigern, gebe es nur zwei Möglichkeiten, ihn abzusetzen: Einen umständlichen und langwierigen Weg, bei dem die Hälfte der Kreisverbände einen Misstrauensantrag beschließen müsste. Und einen relativ kurzen: Wenn von den 31 Mitgliedern des Landesvorstands 29 ihren Rücktritt erklären, ist das Gremium aufgelöst; ein Parteitag in vier Wochen müsste dann den Vorstand neu wählen. Diesen Weg ist die NRW-FDP 1994 schon einmal gegangen.

Auch FDP-Chef Guido Westerwelle dringt auf rasche Erledigung der Causa Möllemann. „Wir können und wir werden mit der Aufklärung nicht bis November warten“, sagte er am Samstag bei einem Landesparteitag in Niedersachsen. Wie einsam es um Möllemann geworden ist, illustriert indes ein anderer. Er rate seinem Freund Möllemann, sich nicht „Kämpfen auszusetzen, die sinnlos erscheinen“, sagte Wolfgang Kubicki den „Lübecker Nachrichten“. Möllemann müsse sich fragen, „ob es nicht besser wäre für ihn selbst, seine Familie, aber auch seine Partei - in Nordrhein-Westfalen und bundesweit – wenn er von seinen Ämtern zurücktritt.“

Auch juristisch hat Möllemann offenbar keine guten Karten. Der Speyerer Parteienrechtler Hans Herbert von Arnim sagte dem Tagesspiegel, Möllemann habe in jedem Fall Vorschriften verletzt. Er werde sich nicht damit herausreden können, die Spenden als Privatmann empfangen zu haben. „Das wäre aberwitzig“, sagte von Arnim, da das umstrittene Flugblatt eindeutig für die FDP werbe, auch wenn Möllemann dort allein als Verantwortlicher genannt werde. Als Spende für den NRW-Abgeordneten Möllemann hätte der Vorgang ebenfalls veröffentlicht werden müssen. „So ist in mehrfacher Hinsicht gegen das neue Parteiengesetz verstoßen worden“, sagte von Arnim. Der FDP drohe nun eine Strafe in Höhe des Dreifachen der Spendensumme, Möllemann selbst sogar Haft bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.

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