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Uli Hoeneß im Auto mit seiner Frau Susi

© afp

Dreieinhalb Jahre Haft: Was bedeutet das Urteil für Uli Hoeneß?

In Haft muss der Präsident des FC Bayern zwar erst einmal nicht. Doch während Uli Hoeneß nun auf die Revision hofft, wurde vor dem Gerichtsgebäude schon über einen Nachfolger getuschelt. Der Name verheißt allerdings wenig Gutes: Edmund Stoiber.

Drei Jahre, sechs Monate, das bleibt unter der Forderung des Staatsanwaltes von fünf Jahren und sechs Monaten und weit unter dem möglichen Strafrahmen von zehn Jahren. Strafmildernd rechnete das Gericht Uli Hoeneß sein Geständnis an und den Umstand, dass es nicht von einem besonders schweren Fall ausging, weil kein „grober Eigennutz“, wie das heißt, vorlag. Was der Verteidiger Hanns W. Feigen mit einem „ja, ja, das ist ganz nett, na und?“ kommentierte. Gleichzeitig kündigte Feigen an, dass sie „selbstverständlich“ in Revision gehen werden, „der Bundesgerichtshof soll mal klären, wie solche nicht idealen Selbstanzeigen zu behandeln sind.“

Hoeneß selber war da schon zusammen mit seiner Frau Susi zur Tür raus, wohl auf dem Weg nach Hause. In Haft muss er zunächst nicht. Die hinterlegte Kaution von fünf Millionen Euro bleibt weiter gültig. Dabei wird Hoeneß das Geld brauchen können. Denn die säumige Steuer, die Gesamtsumme rechnete Richter Rupert Heindl vor, sie beträgt 28 462 231 Euro muss Hoeneß selbstverständlich nachzahlen. Plus Zinsen, die bei dieser Summe nicht unerheblich zu Buche schlagen werden. Ob das Urteil jemanden überraschte? Schwer zu sagen. Die Verteidigung nahm es professionell zur Kenntnis, die Zuhörer im Saal schwiegen betreten. Nur draußen, vor dem Gebäude hatte sich eine kleine Menschenmenge versammelt, die durchweg für Hoeneß votierten und skandierten.

Wie wird es vom Gericht begründet?

Zunächst erst einmal gar nicht. Zunächst gefiel sich Richter Rupert Heindl in einer langen persönlichen Erklärung, die in einer reichlich überflüssigen Medienschelte gipfelte. Möglicherweise richtet er sonst bei weitgehender Ignoranz durch die Öffentlichkeit. Das war jetzt naturgemäß anders, das gefiel ihm gar nicht, bitte schön.

Die eigentliche Begründung splittete er. Da ist zum einen die Unwirksamkeit der Selbstanzeige. Die sei, so wertete er, weder in vollem Umfang noch rechtzeitig und zügig erfolgt. Auf keinen Fall seien die eingerechten Unterlagen geeignet gewesen, aus ihnen eine Steuerfestsetzung zu erstellen. So aber ist es vorgeschrieben. Auch wenn die Gesamtsumme der Steuerschuld nicht exakt zu benennen wäre, so müsse doch immerhin eine Schätzung seitens der Steuerbehörde möglich sein. Das aber hätten die Zahlen nicht erlaubt.

Auch die nachgelieferte Konkretisierung vom 19.02.2013 habe nicht ausgereicht. Als zweiter wesentlicher Punkt der Begründung führte Heindl die Höhe der Hinterziehung an. Steuerhinterziehung ist ein Vorsatzdelikt, dass Sie, Herr Hoeneß sagen, dass die Vontobel-Bank die Transaktionen alleine und von sich aus durchgeführt hat, nehmen wir Ihnen nicht ab.“

Hoeneß habe, so Heindl, die Selbstanzeige mit dem unzureichenden Unterlagen nicht aus freien Stücken unternommen, sondern „Sie waren getrieben von der Angst vor der Entdeckung.“  Dass die Tat möglicherweise nicht aufgedeckt worden wäre, „ohne, dass Sie sich selber ans Messer geliefert hätten“, sei ein Risiko, das man eben eingehen müsse. Müßig zu fragen, ob Hoeneß seine panikartige Ehrlichkeit nun reut.

Wie reagierte Hoeneß auf das Urteil?

Sehr ruhig, sehr gefasst, zumindest nach außen hin. Nach dem Plädoyer seines Anwaltes, hatte er auf Frage des Richters nach dem letzten Wort geantwortet, dass er den Ausführungen seines Verteidigers nichts hinzuzufügen habe. Möglicherweise hätte er nach dem Urteilsspruch einiges zu erzählen gehabt, aber da durfte er nicht mehr. Erst als seine Ehefrau auf ihn zuging und er sich zur Tür wandte, kniff er die Lippen zusammen und blies ein wenig die Backen auf. Und Abgang.

Was bedeutet das Urteil für den FC Bayern?

Kann er Bayern-Präsident bleiben?

Wie soll das gehen? Als Aufsichtsratschef im Kreise seiner Kollegen, der Vorstände solcher DAX-Unternehmen wie VW, Audi oder Adidas wird er schon mal nicht zu halten sein. Und als Präsident auch nicht. Zwar wird ihm das Fan-Volk weiterhin zujubeln, und tat es auch schon unmittelbar nach dem Urteil vor dem Gerichtsgebäude. Auch wird sich der Verein, von dem sich im Übrigen während des Prozesses kein Vertreter je gezeigt hat, wohl eine Demonstration, dass es sich in der Angelegenheit um eine reine Privatangelegenheit handelt, wogegen einige Indizien sprechen, auch wird sich also der Verein mit vollmundigen Treueschwüren hervortun. Es darf erwartet werden, dass Franz Beckenbauer sich zu Wort melden wird, mit dem Hinweis, dass jeder mal Fehler mache.

Und vom Kollegen Karlheinz Rummenigge (das ist der mit den zwei Rolex-Uhren) sind Worte zu erwarten, dass Hoeneß der beste Mann sei und der FC Bayern München ohne Hoeneß nicht der FC Bayern München wäre und so weiter. Aber das wird alles nicht reichen, um als Präsident weiter zu agieren. Selbst wenn Hoeneß in der Revisionsverhandlung auf eine Bewährungsstrafe runtergehandelt wird, wird er auch dann der Mensch sein, der als gesamtdeutsche moralische Instanz eingestandene knapp 28,5 Millionen Euro hinterzogen hat. Das ist wohl untragbar. Vor dem Gerichtsgebäude wurde schon über einen Nachfolger getuschelt. Der Name verheißt allerdings wenig Gutes: Edmund Stoiber.

Was bedeutet das Urteil für den FC Bayern München?

In dieser Saison wird der FC Bayern Deutscher Meister. Das ist so sicher, wie die Steuerhinterziehung seines Noch-Präsidenten. Er wird wohl auch den DFB-Pokal gewinnen. Und möglicherweise auch die Champions League. Damit wäre das zweite Triple hintereinander perfekt. Was fast schon ein Treppenwitz wäre, weil der Klub seine erfolgreichste Phase aller Zeiten erlebt in dem Moment, in der sein Macher seine schwärzesten Momente durchleidet. Sportlich also dürfte die Verurteilung keine Konsequenzen haben.

Interessanter wird die Frage sein, wie der Klub ohne Hoeneß strukturell auskommt. Nun hat sich Hoeneß ja schon geraume Zeit aus dem operativen Geschäft zurückgezogen. Das führt nun Matthias Sammer, und ganz offensichtlich macht er das nicht schlecht. Es war darüber hinaus stets das Bestreben von Uli Hoeneß, den Verein strukturell so zu organisieren, dass er personenunabhängig agieren kann. Die Wirtschaftlichkeit des Vereins ist gesichert, der Klub steht da als weltweit gefestigster und reichster Klub.

Zumindest stand er da als der reichste Klub mit echtem, solide erarbeiteten Geld. Ob er so jetzt auch noch dasteht?

Der Verdacht, dass ein Teil der Schweizer Gelder auch Gelder des FC Bayern sind, wird bestehen bleiben. Uli Hoeneß wird in den nächsten Wochen in den Stadien der Ligakonkurrenten die Häme treffen, wenn die generischen Fans „Hoeneß in den Knast“ fordern. Aber bei Häme allein wird es nicht bleiben. Das Image, in den vergangenen zehn, fünfzehn Jahren so allmählich zum Positiven verwandelt, wird sich an Hoeneß entlang wieder in das Image der Siebziger-, Achtzigerjahre rückbilden, in denen die Bayern die Scheckbuchtäter, Trickser und Täuscher der Liga waren. Kann ja sein, dass Hoeneß den Kopf hingehalten hat, damit niemand zu genau in die Finanzwelt des FC Bayern schaut. Mag sein, dass er damit Schaden vom Klub abgewendet hat. Aber dafür schadet er dem Klub an anderer Stelle gewaltig.  

Lesen Sie hier auch den Kommentar von Lutz Haverkamp "Der Ex-Präsident".

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