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Trübe Aussichten. Frankreichs Staatschef Francois Hollande kann sein Versprechen, die Neuverschuldung auf drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu drücken, nicht einhalten.

© Reuters

Dreiprozentziel verfehlt: EZB fordert größere Sparanstrengungen von Frankreich

Das deutsche EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen verlangt von Frankreich, noch mehr zu sparen. Aber trotzdem könnte die EU-Kommission Nachsicht gegenüber Paris zeigen, wo das Dreiprozentziel in diesem Jahr verfehlt wird.

Längst galt es als offenes Geheimnis, dass Frankreichs Präsident François Hollande eines seiner wichtigsten Wahlkampfversprechen nicht einhalten würde. Am vergangenen Mittwoch rückte sein Premierminister Jean-Marc Ayrault schließlich mit der wenig erfreulichen Wahrheit heraus: Paris kann in diesem Jahr das Haushaltsziel, die Neuverschuldung unter drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) zu drücken, nicht einhalten. Weil das Wirtschaftswachstum in Frankreich schwächer ausfällt als erwartet, lässt sich auch das gegenüber der EU-Kommission abgegebene Etatversprechen nicht mehr einlösen. Trotzdem könnte Hollande um mögliche Sanktionen herumkommen.

Während seines Wahlkampfs hatte Hollande die Befürchtung der EU-Partner zu entkräften versucht, dass die Sozialisten im Regierungsamt es mit der Haushaltssanierung nicht so genau nehmen könnten. Also beteuerte er ein ums andere Mal, dass Frankreich sein Etatdefizit im Jahr 2013 auf drei Prozent des BIP zurückführen werde. Damit hätte Paris die Zielmarke der EU-Kommission erreicht; Frankreich steht wegen seines übermäßigen Defizits gemeinsam mit mehreren anderen EU-Ländern unter verschärfter Brüsseler Beobachtung.

Allerdings geht der Experte André Sapir vom Brüsseler Thinktank Bruegel trotz der Verfehlung des Etatziels nicht davon aus, dass Frankreich demnächst Sanktionen aufgebrummt bekommt. „Frankreich hat große Anstrengungen unternommen, um sein strukturelles Defizit im vergangenen Jahr um mindestens 0,5 Prozent zu vermindern“, sagt Sapir. Beim „strukturellen Defizit“ werden konjunkturelle Einflüsse herausgerechnet; sobald ein EU-Mitgliedstaat erfolgreich dieses Defizit senkt, kann es nach den Regeln des Stabilitäts- und Fiskalpakts mit Milde rechnen. Von daher sei es denkbar, dass die EU-Kommission der sozialistischen Regierung bis zum Jahr 2014 Zeit gibt, um das Dreiprozentziel zu erreichen, sagt Sapir. Möglich sei aber auch, dass die EU-Kommission und die übrigen EU-Partner von Frankreich mehr Reformen verlangen, unter anderem beim Rentensystem oder dem Gesundheitswesen. Am kommenden Freitag will die Kommission in ihrem Wintergutachten ihre Prognose für Frankreichs Haushalts- und Wirtschaftsentwicklung abgeben. Dabei ist die Verfehlung des französischen Etatziels gewissermaßen schon eingepreist: Schon im vergangenen Herbstgutachten war die EU-Kommission für das laufende Jahr von einem Haushaltsdefizit von 3,5 Prozent ausgegangen.

Allerdings teilen längst nicht alle wesentlichen Mitspieler in der Euro-Zone die Nachsicht der EU-Kommission gegenüber Hollandes Haushaltspolitik. „Es ist besonders wichtig, dass Frankreich sein Defizit unter drei Prozent dieses Jahr hält“, sagte Jörg Asmussen, Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB), am Freitag im Deutschlandfunk. Asmussen verlangte, dass Frankreich aufgrund der wirtschaftlichen Situation keinen Aufschub erhalten dürfe. Unter „normalen Umständen“ sei eine Streckung des Konsolidierungs-Zeitplans nicht geboten, sagte der Währungshüter. Mit anderen Worten: Länder wie Spanien, Portugal und Griechenland, die sich in der Rezession befinden, können mit Milde beim Defizitabbau rechnen, damit sich der Abschwung nicht noch verschlimmert. Ganz so arg ist die wirtschaftliche Lage in Frankreich dagegen derzeit nicht – auch wenn sich das lange Zeit von der Regierung in Paris für dieses Jahr prognostizierte Wachstumsziel von 0,8 Prozent inzwischen als unrealistisch erwiesen hat.

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