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Verteidigungsminister Thomas de Maizière steht wegen des "Euro Hawk"-Desasters in der Kritik.

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Drohnen-Projekt: „Euro Hawk“-Desaster: Opposition prangert Vertuschung an

Die Zulassungsprobleme des „Euro Hawk“ könnten schon sehr viel länger bekannt sein, als bisher öffentlich gemacht wurde. Zudem stellte das Pentagon bereits im Mai 2011 den militärischen Nutzen der Drohne "Global Hawk" in Frage, der US-Version der europäischen Großdrohne. Für Minister de Maizière könnte es jetzt brenzlig werden.

Das gescheiterte Projekt der Aufklärungsdrohne „Euro Hawk“ bringt Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) zunehmend in Erklärungsnot. Nach einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ gab es bereits bei der Überführung von Kalifornien zum Luftwaffenstützpunkt im bayerischen Manching im Juli 2011 erhebliche Probleme. Demnach verschwieg die Bundeswehr, dass der Pilot bei der Überführung einer Musterdrohne zweimal für etwa zehn Minuten den Satellitenkontakt zu dem unbemannten Fluggerät verlor, das dabei vom programmierten Kurs abkam. Mitte 2011 war de Maizière bereits Verteidigungsminister. Vergangene Woche hatte er das Drohnenprojekt wegen massiver Probleme bei der Zulassung für den europäischen Luftraum gestoppt.

Allerdings reichen die seinerzeit unter Experten bekannt gewordenen Probleme mit der Drohne nach dem Bericht der Zeitung auch in die Ära Rot-Grün zurück. So hätten bereits im Jahr 2004 Flugsicherung, Industrie und die Bundeswehr-Zulassungsstelle auf den fehlenden Kollisionsschutz des „Euro Hawk“ hingewiesen. Dagegen habe das Verteidigungsministerium den Mitgliedern des Verteidigungsausschusses des Bundestages mitgeteilt, erst Ende 2011 sei deutlich geworden, dass eine Musterzulassung der Drohne noch einmal 500 bis 600 Millionen Euro verschlingen würde. Der fehlende Kollisionsschutz ist einer der Gründe dafür, dass die Drohne keine Genehmigung für den zivilen Luftraum erhält.

Neben den Problemen bei der Zulassung des „Euro Hawk“ stellen sich auch entscheidende Fragen für den militärischen Nutzen des hochfliegenden Langstrecken-Aufklärungsflugzeuges. Der „Euro Hawk“ ist die europäische Variante der US-Drohne „Global Hawk“, deren Einsatztauglichkeit allerdings in einem Bericht des Pentagon vom Mai 2011 mit Blick auf die Baureihe 30 angezweifelt wurde. Die Prüfer des Pentagon kamen in dem Bericht zu dem Ergebnis, dass die neue Drohnenversion des Herstellers Northrop Grumman nicht den Anforderungen der US-Luftwaffe an eine lückenlose Übermittlung von Daten bei der Überwachung und der Aufklärung genüge. Bemängelt wurde auch die unzureichende nachrichtendienstliche Informationsgewinnung, etwa aus abgehörten Funksignalen. Und schließlich müssten Flüge des „Global Hawk“ häufig abgebrochen werden, hieß es in dem Bericht.

Anfang Juni will sich de Maizière im Verteidigungsausschuss des Bundestages zum „Euro Hawk“ erklären. Man wolle das Projekt von Beginn der Konzeptionsphase 2001 an aufarbeiten, sagte eine Sprecherin seines Hauses am Sonntag. Vor dem Verteidigungsausschuss wird de Maizière nicht nur die Frage beantworten müssen, warum die Reißleine für das Projekt trotz der Mängel erst vergangene Woche gezogen wurde. Darüber hinaus dürfte es auch um die Frage der Transparenz gegenüber dem Bundesrechnungshof gehen. Bis heute habe die Behörde nicht alle angeforderten Unterlagen zu dem gescheiteren Beschaffungsprojekt erhalten, sagte ein Sprecher des Rechnungshofs. Ende 2011 forderten die Rechnungsprüfer die Akten vom Verteidigungsministerium an, erhielten aber nur bruchstückhafte Informationen – unter Hinweis auf US-Sicherheitsinteressen.

Die Opposition wirft dem Verteidigungsministerium deshalb vor, die Aufklärung massiv behindert zu haben. „Es drängt sich der Verdacht der Vertuschung auf höchster Ebene auf“, sagte der Grünen-Politiker Tobias Lindner. Fraktionschef Jürgen Trittin verlangte in der ARD Auskunft darüber, wer diese Entscheidung getroffen habe: „Das muss Herr de Maizière jetzt dem Parlament erklären, und zwar schnell.“

FDP will vorerst kein weiteres Geld für NATO-Drohnenprogramm geben

Schon bei der Überführung der Drohne nach Bayern gab es Probleme.
Schon bei der Überführung der Drohne nach Bayern gab es Probleme.

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Nach dem Stopp des deutschen Drohnenprojekts „Euro Hawk“ drängt die FDP auf eine Überprüfung des Nato-Drohnenprojekts „Global Hawk“. Auf Nato-Ebene dürfe kein weiteres Steuergeld für Drohnen-Systeme investiert werden, solange deren luftverkehrstechnische Fähigkeiten und Zulassungsfragen für den europäischen Luftraum ungeklärt seien, erklärte die sicherheitspolitische Sprecherin der FDP, Elke Hoff, am Montag in Berlin.

Das Nato-Überwachungsprogramm Alliance Ground System mit geplanten vier „Global Hawk"-Drohnen soll für die Luftaufklärung des Bündnisses zuständig sein. Die Gesamtkosten belaufen sich laut Hoff auf rund drei Milliarden Euro, der deutsche Anteil auf rund 400 Millionen Euro. Hoff forderte Bundesverteidigungsminister de Maizière auf, jetzt „schnellstmöglich“ mit den Bündnispartnern alle Details zu klären, um weiteren Schaden vom Steuerzahler abzuwenden. (mit dpa/AFP)

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