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Tod vor Lampedusa. Italienische Soldaten tragen die Leiche eines Opfers. Foto: AFP

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Politik: Druck auf Deutschland

EU-Parlamentschef Schulz fordert Aufnahme zusätzlicher Schutzsuchender – doch Berlin lehnt ab.

Berlin/Brüssel - Die Bundesregierung lehnt nach der Bootskatastrophe vor Lampedusa Forderungen ab, zur Entlastung Italiens mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Deutschland biete bereits so vielen Menschen Zuflucht, wie es seiner Größe und Bevölkerungszahl in Europa angemessen sei, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. „Italien hat im vergangenen Jahr 15 000 Asylbewerber aufgenommen und Deutschland 65 000“, ergänzte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums. Dies mache deutlich, dass der Ruf nach einer gerechteren Verteilung der Flüchtlinge in Europa nicht legitim sei.

Nach dem Tod von vermutlich mehr als 300 Flüchtlingen vor der italienischen Insel Lampedusa war der Druck auf Deutschland gewachsen, mehr Menschen ins Land zu lassen. Der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz (SPD), forderte, die Flüchtlinge müssten in Zukunft gerechter auf die EU-Staaten verteilt werden. „Das heißt auch, dass Deutschland zusätzliche Menschen aufnehmen muss“, verlangte er in der „Bild“-Zeitung. Nach den Angaben italienischer Behörden wurden bislang 211 Menschen vor Lampedusa tot geborgen.

Gemeinsam mit SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles und ihrem CDU-Kollegen Hermann Gröhe forderte Schulz, dass die EU-Staaten das Thema auf die Agenda des Brüsseler Gipfeltreffens am Monatsende setzen müssten. Über politische Konsequenzen aus der Flüchtlingskatastrophe vor Lampedusa beraten auch die EU-Innenminister an diesem Dienstag in Luxemburg.

Der Spitzenkandidat der FDP für die Europawahl 2014, Alexander Graf Lambsdorff, forderte eine Reform der Dublin-Verordnung, welche die Verteilung von Flüchtlingen in Europa regelt. Die Vorschrift, dass Flüchtlinge in der EU im Land ihrer Ankunft bleiben müssten, sei nicht mehr zeitgemäß, sagte Lambsdorff dem Tagesspiegel. Der FDP-Politiker forderte stattdessen eine europäische Konferenz, die eine neue, „gesamteuropäische Lösung“ erarbeiten solle. Denkbar sei dabei ein Verteilerschlüssel, dem zufolge sich auch Länder wie Deutschland, Polen und Österreich bei der Aufnahme illegaler Flüchtlinge beteiligen müssten. Gleichzeitig betonte Lambsdorff, dass illegale Flüchtlinge auch künftig in ihre Herkunftsländer zurückgeführt werden könnten, sofern dabei die Europäische Menschenrechtskonvention beachtet werde. Nach seinen Worten ist die Lage in den Ländern Somalia und Eritrea, aus denen die meisten der Opfer von Lampedusa stammten, sehr unterschiedlich: Während der Aufbau des „gescheiterten Staates“ Somalia nur sehr langsame Fortschritte mache, verfüge Eritrea über eine bessere Ausgangslage. Angesichts des autoritären Stils des Präsidenten Isaias Afewerki müsse die internationale Gemeinschaft Druck auf die Führungsriege in Eritrea ausüben, forderte Lambsdorff. ame/rtr/AFP

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