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Von Dinslaken nach Syrien: Nils D. bestreitet, sich an Folter und Morden der Terrormiliz IS beteiligt zu haben.

© REUTERS

Dschihadist aus Deutschland: Prozess gegen IS-Abtrünnigen beginnt

Nils D. galt als besonders überzeugter IS-Kämpfer, bis er der Terrormiliz den Rücken kehrte. Seit diesem Mittwoch steht er in Düsseldorf vor Gericht.

Von Frank Jansen

Er galt als einer der Harten. Als ein besonders gefährlicher Rückkehrer aus dem syrischen Bürgerkrieg. „Das ist keiner der Desillusionierten“, hieß es in Sicherheitskreisen, als Nils D. im Januar 2015 von einem Spezialeinsatzkommando der Polizei in Dinslaken (Nordrhein-Westfalen) festgenommen wurde.

Die Sorge der Behörden schien berechtigt zu sein. Nils D. zählte zur „Lohberger Gruppe“, einem Kreis von etwa einem Dutzend Salafisten im Dinslakener Stadtteil Lohberg, die nach Syrien gezogen waren, um zu kämpfen. Polizei und Verfassungsschutz gingen zudem davon aus, dass Nils D. im November 2014 zurückkehrt war, um im Auftrag der Terrormiliz „Islamischer Staat“ in Deutschland aktiv zu werden. Doch dann erlebten die Ermittler eine Überraschung. Nils D. hatte genug vom Dschihad. Und redete.

Diesen Mittwoch beginnt am Oberlandesgericht Düsseldorf der Prozess gegen den 25-jährigen Ex-Gotteskrieger. Die Bundesanwaltschaft hält ihm in der Anklage vor, sich im Oktober 2013 der Terrormiliz, die sich damals noch ISIS nannte, angeschlossen und als deren Mitglied eine „schwere staatsgefährdende Gewalttat“ vorbereitet zu haben. Für den letztgenannten Vorwurf genügt eine paramilitärische Ausbildung in einem Terrorcamp.

Nils D. will an Folter nicht beteiligt gewesen sein

Nils D. wurde im Umgang mit Waffen und Sprengstoff trainiert. Und er hat zugegeben, einer speziellen Einheit angehört zu haben, einer Art Gestapo. Dieser „Sturmtrupp“ nimmt Kämpfer fest, die verdächtigt werden, sich aus dem „Staat“ des selbsternannten Kalifen absetzen zu wollen. Die Rache des IS ist grausam. Die vermeintlichen oder tatsächlichen Deserteure würden in einem Gefängnis des IS im Umland von Aleppo gefoltert und dann öffentlich hingerichtet, berichtete Nils D. Und er sprach von deutschen Dschihadisten, die sich an den Gräueltaten beteiligen.

Nils D. will nur bei Festnahmen mitgewirkt haben, nicht aber bei Folter und Mord. Im Gefängnis hat er angeblich lediglich Häftlinge bewacht, die putzen mussten. Auf einem Foto in seinem Handy ist allerdings zu sehen, wie er einem Gefangenen eine Waffe an den Kopf hält. Dennoch sind die Angaben von Nils D. für die Behörden so wertvoll, dass er sogar schon als Zeuge bei einem Terrorprozess in Celle auftrat.

Der Mann aus Dinslaken wurde dann selbst zum Abtrünnigen, nachdem sein Cousin Philipp B., der auch der Lohberger Gruppe angehörte, sich im August 2014 im Nordirak für den IS als Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt hatte. Philipp B. war offenbar die wichtigste Bezugsperson für Nils D. Für seinen Prozess hat das OLG Düsseldorf bislang neun Verhandlungstage angesetzt.

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