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Politik: „Du fällst aus dieser Welt heraus“

Von Barbara-Maria Vahl, New York „Als ich fünf war, wurde ich Zeuge, wie vor meinen Augen ein Mann abgeschlachtet wurde. So etwas vergisst man nie.

Von Barbara-Maria Vahl,

New York

„Als ich fünf war, wurde ich Zeuge, wie vor meinen Augen ein Mann abgeschlachtet wurde. So etwas vergisst man nie. Heute leiden die Kinder Liberias wieder unter dem Krieg. Wir können nicht lernen, wir sind unterernährt, viele von uns werden zwangsrekrutiert.“ Über seine Kindheit im Krieg berichtete auf dem Weltkindergipfel in New York der 16-jährige Wilmot aus Liberia. Er war einer von drei Jugendlichen, die der Sicherheitsrat eingeladen hatte, auf dem Forum „Kinder in bewaffneten Konflikten“ zu sprechen. „Täglich sterben wir. Unsere Menschenrechte werden täglich verletzt. Bitte, um unsretwegen, helft den Krieg zu beenden. Eure Aufgabe ist es doch, für Frieden zu sorgen. Bitte rettet die Leben der Kinder in Liberia!“ Diesen Schlussappell brachte der schmächtige Junge nur noch unter Tränen vor deutlich bewegten Zuhörern hervor. „Du fällst aus deiner Welt heraus. Alles, was du bisher warst und wusstest, verschwindet.“

„Es ist der erste Gipfel, auf dem Kinder und Jugendliche ein Rederecht haben“, sagte UN-Generalsekretär Kofi Annan in seiner Eröffnungsrede. „Wenn wir eine kindgerechte Welt schaffen wollen, müssen wir Kindern zuhören und mit ihnen zusammenarbeiten.“ Es gebe eine lange Liste von Mängeln, und die Erwachsenen seien dafür verantwortlich, diese zu beheben.

Nach UN-Schätzungen gibt es auf der Welt etwa 300 000 Kinder, viele sogar jünger als 10 Jahre, die in Kriegen kämpfen. Annan warnte, dass für die betroffenen Jugendlichen die physischen und psychischen Folgen langfristig und zerstörerisch seien, dass sie häufig von ihren Gemeinschaften nicht mehr aufgenommen werden, Familienstrukturen zerbrechen. Der Einsatz von Kindersoldaten sei schlichtweg intolerabel, auch auf dem Schlachtfeld müssten minimale Ordnungsregeln gelten. Olara Otunnu, UN-Sonderbeauftragter für Kinder in bewaffneten Konflikten, nannte es „zynisch, dass gerade unschuldige Kinder zwangsrekrutiert werden, weil sie leicht zu steuern sind und dazu gebracht werden können, die schlimmsten Verbrechen zu begehen“.

Ein US–Netzwerk katholischer Nichtregierungsorganisationen hat am Eröffnungstag die Forderung vor die Vereinten Nationen gebracht, dafür zu sorgen, dass „der systematische sexuelle Missbrauch von Kindern durch katholische Priester“ gestoppt wird. „Wir haben diesen Schritt unternommen, weil es keine Anzeichen dafür gibt, dass katholische Bischöfe das Problem der Pädophilie in der Kirche auf entschiedene Weise angehen, Missbrauch wurde und wird von den höchsten Stellen gedeckt“, sagte Frances Kissling, Organisatorin der Kampagne.

Differenzen zwischen den USA, der Europäischen Union und weiteren Ländern gefährden auf dem Weltkindergipfel in New York die einhellige Zustimmung zu dem angestrebten Aktionsplan „Für eine kindgerechte Welt“. Die Delegation Washingtons sei nach wie vor nicht bereit, einige der Zielvorgaben der bereits 1989 beschlossenen Kinderrechtskonvention zu akzeptieren, hieß es in UN-Kreisen.

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