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Ein Brückenbogen der Augustusbrücke in Dresden überspannt das ausgetrocknete Flussbett am Ufer der Elbe vor der Kulisse der Altstadt.

© Sebastian Kahnert/dpa

Dürre im Sommer: Deutschland bald im Wasserstress?

Dürreperioden lassen Grundwasser und Flusspegel sinken. Andere Länder haben schon lange das Problem.

Wasserhahn aufdrehen – und es kommt nichts raus? In Deutschland ist das bisher nur von Rohrbrüchen oder Reparaturarbeiten bekannt. Doch im zweiten trockenen Sommer und nach Hitzerekorden wie zuletzt im Juni stehen Regionen wie die Lausitz vor einem Problem: Wenn es weiter so wenig regnet, könnten Wasservorräte knapp werden.

„Bisher war Wasserstress bei uns kein relevantes Thema“, sagt Jörg Rechenberg, Wasserexperte beim Umweltbundesamt (UBA). „Die auffallend lang anhaltende Trockenheit im Sommer 2018 macht aber nicht nur Wissenschaftlern und Behörden, sondern auch einer breiten Bevölkerung bewusst: Wasserknappheit ist ein Problem oder kann zumindest eines werden.“ Verteilungsstreits, zum Beispiel zwischen Wasserversorgern und Landwirtschaft, sind bereits absehbar.

Zu übersehen ist die Lage nicht: Elbe und Oder führen schon vor Beginn des Hochsommers so wenig Wasser, dass Sandbänke und Felsen freiliegen. Mitten in Magdeburg konnten Anfang Juli keine Schiffe mehr festmachen, in Dresden war Güterverkehr auf dem Wasser nicht mehr möglich.

In der Lausitz fassen die Speicher nach Angaben des Brandenburger Umweltministeriums normalerweise 88 Millionen Kubikmeter Wasserreserven. Nun sind nur noch 58 Millionen vorhanden. Konsequenz: In Cottbus dürfen Landwirte und Gartenbesitzer seit Sonntag in der Zeit von 6 bis 21 Uhr kein Wasser mehr aus Flüssen, Seen oder Gräben pumpen.

In den Wäldern macht sich die Wasserknappheit neben zahlreichen Waldbränden auch durch eine Käferplage bemerkbar: Die Bautzener Kreisverwaltung meldet im Juni 9000 Kubikmeter durch Buchdrucker, eine Käferart aus der Familie der Borkenkäfer, befallenes Holz. Im Vorjahr waren es im gleichen Zeitraum 100 Kubikmeter. Die geschwächten Fichten entwickeln Duftstoffe, die die Käfer anlocken. Diese nisten sich in die Rinde und brüten dort. Die Fichten sterben ab, das Holz verliert aufgrund der Schäden an Wert. Die Plage vermehrt sich in Windeseile.

Von flächendeckendem Wasserstress in Deutschland will das Umweltbundesamt trotzdem noch nicht sprechen. Die Bundesrepublik habe eine Süßwasserressource von 188 Milliarden Kubikmetern, sagt Experte Rechenberg. Deutschland entnehme diesem Vorrat bisher nur rund 13 Prozent pro Jahr. Von Knappheit wäre erst bei mehr als 20 Prozent Entnahme die Rede.

Regional kann das durchaus anders aussehen. So machen sich die Wasserversorger mancherorts Sorgen um Trinkwasserreserven. Jörg Rechenberg denkt schon über mögliche Sparszenarien nach. Beim Garten Bewässerungszeiten einzuhalten, sei jetzt schon empfehlenswert: am besten abends und sehr früh morgens – nicht in der Mittagshitze. Dann verdunstet zu viel Wasser. „Man muss auch gezielter an die Pflanzen rangehen. Automatische Systeme haben das Potenzial, präzise und mit Zeitschaltuhren zu arbeiten. Da lässt sich Wasser einsparen.“

Wasserverbrauch über den Preis regulieren?

In Asien ist Wasserknappheit schon lange ein Problem. In China leben heute rund 20 Prozent der Weltbevölkerung, doch das Land hat nur sieben Prozent der Frischwasservorräte. Vor allem die ungleiche Verteilung ist problematisch: Im Süden des Landes fallen deutlich mehr Niederschläge als im Norden. Um das Defizit auszugleichen, wurden gewaltige Kanäle angelegt. Problem aber bleibt die massive Umweltverschmutzung. Etwa ein Drittel des Wassers in Chinas Seen und Flüssen ist wegen Belastungen durch Landwirtschaft und Industrie nicht als Trinkwasser zu gebrauchen.

Mit Trinkwasserknappheit rechnet in Deutschland noch niemand. Doch bei langer Dürre könnte die Landwirtschaft umdenken müssen. „Um nicht nur auf Oberflächengewässer und Grundwasser zurückzugreifen, wird Wiederaufbereitung von Brauchwasser für die Landwirtschaft zu überlegen sein“, sagt UBA-Experte Rechenberg. Im Moment reichen ihm auf EU-Ebene die geplanten Qualitätsstandards dafür noch nicht.

In Spanien, einem der trockensten Länder Europas, wird Brauchwasseraufbereitung seit Jahren in der Landwirtschaft genutzt. Dazu gibt es mehr als 900 Meerwasserentsalzungsanlagen.

Oft reicht aber selbst das vorne und hinten nicht. Auf Mallorca, Deutschlands liebster Urlaubsinsel, ruft die Regionalregierung schon am Flughafen per Video zum Wassersparen auf. In Andalusien im Süden Spaniens ist Wassermangel besonders akut. Dabei liegt dort der „Gemüsegarten Europas“, der besonders viel Bewässerung benötigt. Da das Wasser aus Entsalzungsanlagen sehr teuer für Bauern ist, versuchen sie oft, durch illegale Bohrungen an Grundwasser zu gelangen.

Auch in Deutschland sieht das UBA das Bohren von mehr Privatbrunnen kritisch. „Wenn alle auf denselben Grundwasservorrat zugreifen, gibt es natürlich ein Mengenproblem“, sagt Experte Rechenberg. Außerdem erschwere eine Vielzahl von Entnahmen Kontrolle und Bewirtschaftung. Jede Bohrung stelle zudem ein Verschmutzungsrisiko dar.

Regulieren lässt sich der Wasserverbrauch auch über den Preis. In Ostdeutschland zeigte sich nach der Wende ein deutlicher Effekt: Zu DDR-Zeiten kostete Wasser praktisch nichts. Als Gebühren dafür anfielen, sank der Verbrauch rapide. Bis heute liegt er pro Kopf unter dem Niveau von Westdeutschland. jni/dpa

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