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Politik: Durchbruch vertagt

Die Palästinenser sind enttäuscht vom Treffen mit Scharon – sie hatten sich mehr Zugeständnisse erhofft

Erstmals hat Israels Ministerpräsident Ariel Scharon am Dienstag Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in dessen Eigenschaft als Nachfolger Jassir Arafats getroffen. Beide bemühten sich um eine Koordinierung des Mitte August beginnenden israelischen Rückzugs aus dem Gazastreifen und der Räumung der dortigen Siedlungen. Doch die sich verschlechternde Sicherheitssituation lässt pessimistische Befürchtungen berechtigt erscheinen.

Scharon und Abbas maßen dem Treffen von Anfang an vollkommen verschiedene Bedeutung zu. Während es Scharon darum ging, einen störungsfreien Abzug aus dem Gazastreifen zu erreichen, erhofften sich Abbas und seine Leute einen regelrechten Durchbruch.

Die Palästinenser stimmten dem israelischen Vorschlag zu, dass Israel die Häuser aller 21 Siedlungen im Gazastreifen zerstört und die Palästinenser die Trümmer wegräumen und zum Bau ihres Meerhafens verwenden. Sharon gab damit auch grünes Licht für den Bau dieses Hafens sowie für die Vorbereitungen der Wiederinbetriebnahme des Flughafens im Gazastreifen. Binnen zwei Wochen sollen die beiden Westbank-Städte Bethlehem und Kalkiliya wieder alleiniger palästinensischer Kontrolle und Sicherheitsverantwortung unterstellt werden. Außerdem wird Israel rund 26 000 weitere Arbeitsbewilligungen in Israel für Palästinenser aus dem Gazastreifen ausstellen, ebenso wie Ein- und Ausreiseerlaubnisse für 13 000 Geschäftsleute und 2100 Helfer internationaler Organisationen. Schließlich kündigte Scharon weitere Erleichterungen für den Personen- und Warenverkehr bei den Grenzübergängen zu Ägypten und zwischen dem Gazastreifen und Israel an. Über weitere von den Palästinensern geforderten Häftlingsfreilassungen könne zu einem späteren Zeitpunkt verhandelt werden, hieß es.

Scharon betonte in dem zweieinhalbstündigen Gespräch – eine volle Stunde länger als vorgesehen – die Notwendigkeit eines vollständigen Gewaltstopps. Der israelische Rückzug aus dem Gazastreifen und Teilen des nördlichen Westjordanlands werde aber unter allen Umständen termingemäß erfolgen, also auch wenn versucht werde, dies mittels Terrorakten zu verhindern.

Scharons Berater Raanan Gissin erklärte später, dass „alles von der Sicherheitssituation abhängt. Es kommt darauf an, was die Palästinenserbehörde gegen den Terror unternimmt. Was sie in die Hinsicht bisher unternommen hat, ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber noch ungenügend."

Der palästinensische Ministerpräsident Kurei, der anstelle des offensichtlich enttäuschten Präsidenten Abbas später in Ramallah eine Pressekonferenz abhielt, gab offen zu, dass das Gesprächsergebnis „nicht unseren Erwartungen entspricht“. Man habe von der israelischen Seite vielfach „keine positiven Antworten erhalten“ und der „erwartete Durchbruch“ sei ausgeblieben.

Die Voraussetzungen für das mehrfach verschobene Treffen Scharon-Abbas 55 Tage vor Beginn der ersten Siedlungsräumung waren ausgesprochen schlecht. Nach mehrtägigem Raketen- und Mörserbeschuss israelischer Siedlungen und Ortschaften durch Kommandos des radikalislamistischen „Islamischen Dschihad“ hatten die israelischen Sicherheitsorgane in der Nacht auf Dienstag rund 50 Aktivisten der Gruppe verhaftet.

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