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Anhänger des gestürzten ägyptischen Präsidenten in Kairo.

© rtr

Dutzende Mursi-Anhänger getötet: USA rufen Ägypter zur Mäßigung auf

Nach einem blutigen Wochenende wächst die Angst vor einem Bürgerkrieg am Nil. US-Spitzenpolitiker mahnen die neuen Machthaber in Ägypten zur Zurückhaltung. Besonders scharfe Töne kommen aus der Türkei.

Nach den schwersten Auseinandersetzungen seit dem Sturz des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi mit mehr als 70 Toten wächst weltweit die Angst vor einem Bürgerkrieg am Nil. In der Nacht zu Sonntag lief ein Ultimatum des Militärs an die Islamisten ab, sich am sogenannten Versöhnungsprozess zu beteiligen. Andernfalls hatte die Armeeführung eine härtere Gangart angekündigt. Nach Ablauf der Frist waren zunächst keine Maßnahmen der Militärs erkennbar. Im Protest-Camp der Mursi-Anhänger in der Vorstadt Nasr City harrten auch am Sonntag noch Tausende aus.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte das Blutvergießen und rief die Übergangsregierung auf, „den Schutz aller Ägypter sicherzustellen“. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton forderte einen sofortigen Gewaltverzicht. US-Außenminister John Kerry brachte in einem Telefonat mit Übergangsvizepräsident Mohammed el Baradei die „tiefe Besorgnis“ der USA zum Ausdruck. Kerry sprach von einem entscheidenden Zeitpunkt für Ägypten mehr als zwei Jahre nach Beginn der Revolution gegen den Machthaber Husni Mubarak. „In diesem extrem unberechenbaren Umfeld haben die ägyptischen Stellen eine moralische und rechtliche Verpflichtung, das Recht auf friedliche Versammlung und Meinungsfreiheit zu respektieren“, mahnte Kerry. In einem Telefongespräch forderte US-Verteidigungsminister Chuck Hagel seinen ägyptischen Kollegen, Armeechef Abdel Fattah al Sissi, auf, „weiteres Blutvergießen und den Verlust von Leben zu verhindern“.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan warf der EU und den Vereinten Nationen Doppelzüngigkeit vor. „Wo sind diejenigen, die so viel Aufhebens darum machten, dass die türkische Polizei legal und zu Recht Wasser und Tränengas einsetzte“, sagte Erdogan in Istanbul. „Wo sind diejenigen jetzt angesichts des Militärputsches und des jüngsten Massakers in Ägypten?“ Erdogan nannte ausdrücklich die Europäische Union und die Vereinten Nationen. Die islamisch-konservative Regierung in Ankara gehört international zu den schärfsten Kritikern des Staatsstreichs in Ägypten. Sie fordert die Wiedereinsetzung des vom Militär gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi. Erdogan sagte, die Türkei werde angesichts der Gewalt in Ägypten nicht schweigen, auch wenn der Rest der Welt das tue. Erst sei die Demokratie in Ägypten „massakriert“ worden, jetzt werde das ägyptische Volk „abgeschlachtet“.

Nach Angaben der Muslimbruderschaft starben mindestens 120 Menschen, nachdem Einheiten der Bereitschaftspolizei Demonstranten am Rande ihres Protest-Camps angriffen. Rund 4000 Menschen wurden nach diesen Angaben verletzt. Tausende Anhänger der Muslimbrüder campieren in Nasr City seit mehr als drei Wochen.

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