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Edmund Stoiber: Der König der Herzen

Seit seiner Rücktritts-Ankündigung macht der scheidende bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber bei öffentlichen Auftritten ganz neue Erfahrungen. Überall wird er mit begeistertem Applaus begrüßt.

München - Ob in Bamberg, beim Münchner Filmball oder in einer Ingolstädter Schule. Edmund Stoiber nimmt derzeit allerorten Beifall entgegen. Im Jubel mischen sich zwei Empfindungen: Erleichterung, dass Stoiber geht - aber auch echter Respekt. Anders als sein Mentor Franz Josef Strauß genoss Stoiber während seiner langen Laufbahn stets Achtung, doch Zuneigung brachten ihm CSU-Basis und Bevölkerung nicht entgegen. Das scheint sich nun zu ändern.

"Er wird genau das zurückgewinnen, was ein Stück weit verloren gegangen war: Sympathie", sagt Landtagspräsident Alois Glück (CSU). "Mit dieser Entscheidung hat er die Herzen der Menschen zurückgewonnen." Die neue Stimmung war bereits bei Stoibers erstem Auftritt ummittelbar nach seiner Rücktrittsankündigung am vergangenen Donnerstag zu spüren. Bei einem Neujahrsempfang in Bamberg zollte die CSU-Basis dem viel Gescholtenen Respekt. "Ich finde es eine großartige Leistung, an einem Tag, wo er seinen Rücktritt erklärt, nach Bamberg zu fahren und eine Rede zu halten, in der er sich nicht selbst bedauert, sondern Themen anspricht, die für die Zukunft von Bayern und von Deutschland von Bedeutung sind", sagte der Bamberger Landrat Günther Denzler.

Genau diese Neigung zu kühler Nüchternheit machte Stoiber in den vergangenen Jahren zu schaffen, doch nun wird sie ihm auf einmal hoch angerechnet. Auch wenn es um Menschliches ging, redete Stoiber viel lieber von der Zukunft Bayerns. Unmittelbar nach Beginn der Krise vor Weihnachten wischte er Fragen zu den Spitzelvorwürfen der Fürther Landrätin Gabriele Pauli noch brüsk weg. "Ich behandle hier die Zukunftsfragen Bayerns, und das ist mein Thema", sagte er. Stoiber schien immer von dem Glauben geleitet, zwischenmenschliche Probleme durch die nächste High-Tech-Offensive wegwischen zu können.

Das Menschliche gab den Ausschlag

In der CSU-Landtagsfraktion räumen viele Abgeordnete ein, dass nicht die Inhalte von Stoibers Politik den Ausschlag für den Absturz gaben, sondern das Menschliche. Schließlich steht Bayern im Vergleich der Bundesländer glänzend da. Und manches, was in Bayern als Problem gilt, wäre in weniger glücklichen Bundesländern ein Erfolg. Einige Abgeordnete in der Landtags-CSU sehen im triumphalen Wahlsieg von 2003 den Anfang vom Ende. Berauscht von seiner Zwei-Drittel-Mehrheit habe Stoiber damals die Gabe des Zuhörens verloren, die ihn früher auszeichnete. Stoiber sei "Opfer einer Entwicklung geworden, die durch den einen oder anderen Fehler von ihm befördert worden ist", sagte Innenminister Günther Beckstein jetzt der "Bild am Sonntag".

Doch all das scheint nun vergeben und vergessen. So misstrauisch sich viele Mitglieder des CSU-Vorstands derzeit auch gegenseitig beäugen - in einem Punkte scheint das Gremium sich einig: Stoiber soll ein würdiger Abgang ermöglicht werden. "Er kann jetzt zu Recht das Lob und den Ruhm für seine 25-jährige Tätigkeit in der Staatsregierung und seine 14-jährige Amtszeit als Ministerpräsident ernten", sagt CSU-Landtagsfraktionschef Joachim Herrmann. "Das wird ihm niemand neiden." (Von Carsten Hoefer, dpa)

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