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Ehec-Krisenmanagement: Salat der Kompetenzen

Die SPD kritisiert den Umgang von Gesundheitsminister Bahr mit der Ehec-Epidemie. Tatsächlich stellt sich nicht nur die Opposition die Frage, ob das föderale System der Republik im Umgang mit dem Darminfekt nicht überfordert ist.

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Berlin - Wenn Thomas Oppermann am Wochenende für seine SPD die Stellung hält, dann ist der Fraktionsgeschäftsführer so etwas wie das Frühwarnradar der Opposition. Am Sonntag schlägt das Radar an. Oppermann hat ein Thema entdeckt: Ehec, das lebensbedrohliche Darmbakterium, wird allmählich zum Politikum. Selbst aus dem Ausland kommen inzwischen Beschwerden über das föderale Durcheinander der Deutschen im Umgang mit der Krise. „Das Krisenmanagement von Gesundheitsminister Daniel Bahr ist wenig überzeugend“, kritisiert Oppermann. Bahr, schreibt der SPD-Mann, müsse sich der Sache nach einem Monat endlich ernsthaft annehmen.

Tatsächlich stellt sich nicht nur die Opposition die Frage, ob das föderale System der Republik im Umgang mit dem Darminfekt nicht überfordert ist. Der tschechische Agrarminister Ivan Fuksa zum Beispiel macht in einer Fernsehtalkshow die verteilten Zuständigkeiten im Nachbarland für Verzögerungen im Informationsfluss aus: „Bei den Deutschen kann das mitunter Tage dauern.“

Das Chaos der Zu- und Unzuständigkeiten belastet überdies die Bürger. Wer wissen will, wie er sich gegen den Infekt schützen soll, landet in einem Dschungel von Un- oder eigentlich nicht Zuständigen. Auch das öffentliche Bild ist konfus: Ein Wirrwarr aus Landesbehörden, Bundesinstituten, Chefärzten und Ministerien meldet sich zu Wort.

Das Chaos hat allerdings System, nämlich föderales. Am Anfang schien das Robert-Koch-Institut – eine Unterbehörde von Bahrs Gesundheitsministerium – die Fäden in der Hand zu haben. Nachdem Hamburger Kliniken wegen der hohen Zahl von Kranken Alarm geschlagen hatten, reiste ein Team von Spezialisten in die Hansestadt und begann dort Erkrankte zu befragen. In Deutschland ist Gesundheit aber Ländersache, das RKI darf nur beraten und Hilfe anbieten. Immerhin konnte das Institut früh feststellen, dass erkrankte Frauen häufiger Tomaten, Gurken und Salat gegessen hatten als gesunde.

Für die Schlussfolgerung daraus war indes das nächste Institut zuständig: das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), das dem Bundesministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz und also CSU-Ministerin Ilse Aigner untersteht. Das BfR soll Verbraucher über Risiken in Lebensmitteln zu informieren. Darum verfügt es in Berlin über ein Referenzlabor für Ehec-Bakterien. Doch das Labor darf sich Proben nicht selbst beschaffen – auch Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sind im Prinzip Ländersache. Also macht verdächtiges Material den Umweg über Landesbehörden.

Der Bundesminister Bahr freilich findet, dass es gar kein Chaos gebe. Bahr hat am Sonntag die Uniklinik in Hamburg-Eppendorf besucht. Er könne nicht erkennen, dass die Länder und die zuständigen Behörden nicht alles Nötige getan hätten. Trotzdem hat er für nächsten Mittwoch zum Ehec-Gipfel eingeladen. Auch der FDP-Politiker wittert offenkundig die Gefahr. Politische Verantwortung hält sich nämlich so wenig wie der Ehec-Erreger an formale Zuständigkeiten.

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