zum Hauptinhalt

Politik: Eichel fürchtet Schuldenfalle auch 2003

Finanzminister schließt weiteres Defizitverfahren der EU nicht aus / Noch höhere Arbeitslosigkeit erwartet

Von Antje Sirleschtov

Berlin. Deutschland wird möglicherweise auch im kommenden Jahr die europäische Defizit-Grenze von drei Prozent überschreiten. Finanzminister Hans Eichel (SPD) sagte am Mittwoch, es gebe „ noch eine Reihe von Unwägbarkeiten“. Das Kabinett hatte zuvor den Nachtragshaushalt 2002 und Etatentwurf für 2003 gebilligt. Eichel rechnet nach Informationen des Tagesspiegels im nächsten Jahr mit einem deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit. Er kündigte einen „enormen Kraftakt“ bei der Reform der Sozialsysteme an. In der SPD formiert sich unterdessen Widerstand gegen die Kommission zur Reform von Renten- und Gesundheitssystem.

Die Bundesregierung rechnet für die ersten Monate des nächsten Jahres mit weit mehr Arbeitslosen. Ein Sprecher von Finanzminister Eichel sagte dem Tagesspiegel, der Etatansatz 2003 gehe von einer durchschnittlichen Arbeitslosigkeit von 4,141 Millionen aus. Das sind gut 100 000 mehr als in diesem Jahr. Nachdem die Regierung mit einem Anziehen der Konjunktur erst im Jahresverlauf rechnet, dürfte die Arbeitslosenquote damit bis März deutlich über den aktuellen Werten liegen. Eichel kündigte an, das Maastrichter Verschuldungsziel könne nur erreicht werden, wenn alle von der Regierung beschlossenen Sparmaßnahmen umgesetzt würden. Der Kurs des Euro gab daraufhin zwischenzeitlich deutlich nach.

Das Kabinett hatte zuvor ein Steuereinnahmepaket im Wert von rund drei Milliarden Euro für 2003 beschlossen. Durch den Nachtragshaushalt 2002 steigt die Neuverschuldung des Bundes auf 34,6 Milliarden Euro. Auch im nächsten Jahr wird der Bund mehr Kredite aufnehmen als geplant. Zudem sollen für 5,5 Milliarden Euro Aktien von Post und Telekom verkauft werden. „Wir werden 2006 einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen“, versicherte Eichel. Der Minister kündigte Einschnitte bei Arbeitslosen von 7,7 Milliarden Euro an: „Das ist bisher völlig untergegangen.“ Gleichzeitig forderte er umfangreiche Reformen in den Sozialsystemen. Die von Kanzler Gerhard Schröder angeregte Nullrunde für die Minister und Staatssekretäre wurde vom Kabinett akzeptiert.

Die Opposition kritisierte die Pläne der Regierung. Der Generalsekretär des Handwerksverbandes, Hanns-Eberhard Schleyer, sagte, das Steuerpaket bedrohe hundertausende Stellen in den Unternehmen.

Die Rürup-Kommission zur Sicherung der sozialen Sicherungssysteme soll aus 15 bis 20 Experten bestehen. Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) will die Mitglieder des Gremiums an diesem Donnerstag vorstellen. Die Vizechefin der SPD-Fraktion, Gudrun Schaich- Walch, sagte der „Zeit", ihre Fraktion werde sich „mit eigenen Experten“ vorbereiten, um die Kommissionsergebnisse zu diskutieren.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false