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Politik: Eichel muss den Etat nachbessern

Neuer Haushalt schon für Juni angekündigt / Internationale Prognose: Nur noch 0,3 Prozent Wachstum

Von Antje Sirleschtov

Berlin. Finanzminister Hans Eichel (SPD) muss nur wenige Wochen nach der Verabschiedung des Haushalts 2003 einen Nachtragsetat vorlegen. Dies bestätigte am Donnerstag die Grünen-Politikerin Anja Hajduk, Vize-Chefin des Haushaltsausschusses. Sie kündigte den Nachtragsetat für Juni an. Die Rahmendaten werden nach der Steuerschätzung im Mai erwartet.

Ursachen für den neuen Etat sind die schwache Konjunktur, Haushaltslöcher aus dem Scheitern des Steuervergünstigungsabbaugesetzes und neue Risiken aus dem Reformstreit der Koalition. Nach allen deutschen Wirtschaftsforschungsinstituten revidierte auch die internationale Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), in der die wichtigsten Industrieländer vertreten sind, ihre Wachstumserwartungen für Deutschland. Für 2003 rechnet sie nur noch mit einer Zunahme von 0,3 Prozent. Regierungskreise gehen davon aus, dass Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) die Prognose der Regierung am Montag auf 0,5 Prozent senken wird.

Für Haushaltsexperten aus Koalition und Opposition steht damit fest, dass im Bundesetat ein Loch von mindestens zwölf, wahrscheinlich 15 Milliarden Euro entstehen wird. Nachdem Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) wiederholt Steuererhöhungen zur Finanzierung des Etats abgelehnt hatte, wird Eichel die Löcher durch neue Schulden finanzieren müssen. Hintergrund ist seine Absage an zusätzliche Ausgabenkürzungen. Die Neuverschuldung könnte so von 18,9 Milliarden Euro auf über 30 Milliarden Euro erhöht werden. Damit würde Deutschland erneut die Drei-Prozent-Grenze des Maastrichter Stabilitätspaktes überschreiten. Die OECD rechnet damit, dass auch 2004 die Defizit-Höchstgrenze verletzt wird. Nach 3,7 Prozent werde die Quote 2004 nur leicht auf 3,3 Prozent sinken. Unionspolitiker forderten Eichel zum Rücktritt auf.

Der finanzpolitische Sprecher der SPD, Joachim Poß, forderte von der Bundesregierung ein „abgestimmtes Reformpaket“. Er reagierte damit auf den regierungsinternen Streit zwischen Eichel und Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD). Schmidt hatte die Gegenfinanzierung von vier Milliarden Euro versicherungsfremden Leistungen der Krankenkassen aus dem Bundesetat zur Voraussetzung für die Senkung der Beiträge auf 13 Prozent erklärt. Eichel hingegen will nur das Mutterschaftsgeld (600 Millionen Euro) aus dem Etat finanzieren.

In diesem Zusammenhang flammte innerhalb der SPD erneut die Forderung einer Mehrwertsteuererhöhung mit gleichzeitiger Senkung der Lohnnebenkosten auf. Der sozialdemokratische Netzwerkpolitiker Hans-Peter Bartels forderte eine fünfprozentige Erhöhung der Verbrauchssteuer (40 Milliarden Euro), um die Pflege- und die Hälfte der Arbeitslosenversicherungskosten zu finanzieren. Die Lohnnebenkosten könnten dann im gleichen Umfang verringert werden.

Bartels’ Netzwerk-Kollege Hubertus Heil befürwortete die Umfinanzierung aus den Beitragssystemen hin zum Steuersystem zwar grundsätzlich. „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist die Mehrwertsteueranhebung aber kontraproduktiv“, sagte er dem Tagesspiegel. Grundsätzlich positiv hatten sich auch mehrere Unions-Politiker über die Verbrauchssteuererhöhung geäußert – allerdings nur unter der Bedingung, dass andere Belastungen sinken.

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