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Politik: Eichel will sparen – und nicht gehen

Aber SPD-Chef Müntefering warnt vor dem Abwürgen der Wirtschaft / Sprecher: Minister denkt nicht an Rücktritt

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Berlin. Während weitere Koalitionspolitiker vom Sparkurs Hans Eichels abrücken, werden Fragen nach der politischen Zukunft des Finanzministers inzwischen offen gestellt. Am Montag wandte sich SPD-Chef Franz Müntefering strikt gegen zusätzliche Sparanstrengungen und empfahl stattdessen eine Lockerung des EU-Stabilitätspaktes in Krisenzeiten. Meldungen, wonach sich mehrere Kabinettsmitglieder weigern, ihren Haushalt mit Eichel zu verhandeln, wurden von der Regierung zurückgewiesen. Eichel selbst bekräftigte, er wolle den Haushalt durch Subventionsabbau und Privatisierungen statt durch Schulden finanzieren.

Von Robert von Rimscha

und Antje Sirleschtov

Müntefering lehnte gegenüber der „Märkischen Allgemeinen“ weitere Einsparungen als Reaktion auf die sich abzeichnenden Steuerausfälle in Milliardenhöhe ab. Die Bundesregierung könne „die Spar-Spirale nicht jedes Jahr weiter drehen, denn das würde die Wirtschaft abwürgen“, sagte der SPD-Chef.

Offen blieb zunächst, was die zunehmende Isolation Eichels für die Zukunft des Ministers bedeutet. „Er denkt nicht an Rücktritt“, sagte Eichels Sprecher am Montag. Koalitionskreise wiesen darauf hin, dass Bundeskanzler Gerhard Schröder sich Personalfragen ungern aufzwingen lasse. Daher sei eine akute Debatte über die mögliche Entlassung eines Ministers kein guter Zeitpunkt für eine tatsächliche Kabinettsumbildung. Über Eichels Durchhaltewillen hieß es: „Der klebt wie Pattex an seinem Stuhl.“ Denkbar sei, dass Schröder sein Kabinett umbilde, sobald er selbst in einer solchen Situation als Herr der Lage und nicht als Getriebener erscheine. Als möglicher Zeitpunkt gilt das Vorfeld der drei Landtags- und der NRW-Kommunalwahlen im September.

Der Dachverband der deutschen Steuerberater sprach sich am Montag strikt gegen radikale Steuersenkungen aus. Der Etat lasse diese nicht zu. Im Finanzministerium werden derweil vor allem Privatisierungsmöglichkeiten ausgelotet, um Haushaltslöcher des Bundes im Etat 2005 zu stopfen. Ob es Eichel allerdings gelingen kann, im nächsten Jahr noch einmal Milliardenbeträge durch Aktien- oder Forderungsverkauf zu mobilisieren, wird angesichts der Situation am Markt selbst in seinem eigenen Haus bezweifelt. Dennoch ging ein Sprecher Eichels am Montag davon aus, dass der Bund 2005 „in wesentlich größerem Umfang“ privatisieren werde als geplant. Regierungssprecher Bela Anda kündigte eine „zeitnahe“ Koalitionsrunde zur Haushaltsaufstellung nach der Steuerschätzung an diesem Donnerstag an.

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