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Politik: „Ein Angriffauf die Freiheit der Justiz“ Italiens Parlament billigt umstrittene Rechtsreform

Rom - Der Verabschiedung im Parlament war ein dreijähriger Streit vorausgegangen. Noch vor einer Woche hatte Italiens Richterschaft ihren vierten landesweiten Streik gegen die Justizreform ausgerufen; mindestens drei Viertel aller Richter und Staatsanwälte beteiligten sich.

Rom - Der Verabschiedung im Parlament war ein dreijähriger Streit vorausgegangen. Noch vor einer Woche hatte Italiens Richterschaft ihren vierten landesweiten Streik gegen die Justizreform ausgerufen; mindestens drei Viertel aller Richter und Staatsanwälte beteiligten sich. Am Mittwoch jedoch gewann Premier Silvio Berlusconi die Vertrauensabstimmung im Zusammenhang mit dem seit Jahren umstrittenen Gesetz.

Einen „Angriff auf die Freiheit der Justiz“ nennen es Kritiker, dass die Laufbahnen der Richter und Staatsanwälte nun getrennt und stark verschult werden sollen. Auswahl, Ausbildung, Zuteilung und Karriere der Juristen sollten, so hieß es, dem unabhängigen Selbstverwaltungsgremium der „Magistratura“ entzogen werden und in die Kompetenz des Justizministeriums fallen, der Politik also.

Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi hatte im Dezember das Gesetzeswerk wegen „offenkundiger Verfassungswidrigkeit“ zurückzuweisen. Die Regierungsparteien hatten seither an den vier Punkten gefeilt, an denen sich der Präsident am meisten störte; das Grundgerüst der Reform blieb unangetastet. Ein zweites Mal kann Ciampi das Gesetz nicht ablehnen.

Entfallen ist nun das „Überwachungsbüro“, das vom Justizministerium aus die Entscheidungen der Justiz prüfen und bei „grundlosen“ Verfügungen einschreiten sollte; auch soll der Minister nicht jedes Jahr die „Linien der Regierung in der Justizpolitik“ verkünden; das war als Versuch zur Gleichschaltung der Richterschaft verstanden worden. Jedoch – und das zeigt, wie wenig sich die Regierung den Verfassungsbedenken des Präsidenten gebeugt hat – soll der Justizminister dem Parlament jährlich die „Ausrichtung der Regierung und die Gesetzespläne in Justizangelegenheiten“ mitteilen.

Erhalten geblieben ist auch der Paragraf, der es Richtern bei Strafe untersagt, „justizfremde Ziele“ zu verfolgen, „abnorme“ Verfügungen zu treffen oder sich in die „rechtmäßigen Kompetenzen von Gesetzgebung und Verwaltung“ einzumischen. Gerade Premier Berlusconi fühlt sich – vorwiegend wegen Vorwürfen der Steuerhinterziehung oder der Korruption – von der Richterschaft aus politischen, damit „justizfremden“ Gründen verfolgt.

Dazu kommt, trotz aller Veränderungen bleibt das Reformwerk den entscheidenden Punkt schuldig: Es spart die Prozessordnungen und deren Entschlackung aus. Damit bleibt das Hauptübel der italienischen Justiz unbehandelt: die endlosen Gerichtsverfahren.

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