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Politik: Ein Bericht, der schocken soll

Am Freitag präsentieren Klimaforscher im Auftrag der UN ihre neuesten Daten zur Erderwärmung

Paris - Rajendra Pachauri ist Präsident des UN-Klimarates. Er hat sich für Freitag ein klares Ziel gesetzt. Mit der Vorlage des neuen Berichts über den Klimawandel will er möglichst viele Menschen schockieren. So sollen möglichst viele Regierungen der Welt dazu gebracht werden, den Ausstoß klimaschädigender Treibhausgase möglichst deutlich zu reduzieren. Eine der Kernaussagen des neuen Weltklimaberichts wird lauten: So sicher wie nie zuvor steht fest, dass der Mensch das Klima der Erde und damit seine Lebensgrundlage verändert.

In der Politik ist das Thema längst angekommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel nannte den Kampf gegen den Klimawandel als eines der wichtigsten Ziele der deutschen Doppelpräsidentschaft in der Europäischen Union und den G 8, den sieben wichtigsten Industrienationen und Russland. Selbst der amerikanische Präsident George W. Bush, der 2001 den Ausstieg der USA aus dem Kyoto- Protokoll zum Klimaschutz verkündet hatte, nannte den Klimawandel in seiner Rede zur Lage der Nation vor wenigen Tagen ein „ernstes Problem“. Doch wenn es um konkrete Entscheidungen beim Klimaschutz geht, tun sich selbst die fortschrittlichen Europäer schwer, was der nach wie vor ungelöste Streit über den Emissionshandel und eine Begrenzung des Kohlendioxid-Ausstoßes von Autos zeigt.

Der IPCC-Report gründet auf hunderten Modellrechnungen, ausgefeilten Computermodellen, zahllosen Studien und endlosen Messreihen. 450 Hauptautoren liefern die bisher genaueste Beschreibung dessen, was die Temperatur der Atmosphäre etwa seit dem Jahr 1800 in die Höhe treibt. Öl, Gas und Kohle setzen, wenn sie verbrannt werden, Kohlendioxid (CO2) frei, das die von der Sonne eingestrahlte Energie auf der Erde zurückhält und so den Treibhauseffekt anheizt.

In vorab bekannt gewordenen Entwürfen ist von einem Anstieg der Temperaturen in den kommenden 30 Jahren um rund 0,7 Grad Celsius die Rede. Hierüber bestehen wenig Zweifel. Bis 2100 könnte die Temperatur gar um bis zu 5,8 Grad steigen – abhängig von der Menge der freigesetzten Treibhausgase. Die stärksten Temperaturerhöhungen erwarten die Forscher des zwischenstaatlichen Ausschusses zum Klimawandel (Intergovernmental Panel on Climate Change; IPCC) in den hohen nördlichen Breitengraden. Weniger betroffen sind die südlichen Ozeane.

Am Tag vor der geplanten Präsentation des Berichts feilschten die Wissenschaftler noch mit den am IPCC beteiligten Regierungen um Formulierungen in der „Zusammenfassung für Entscheidungsträger“. Dem IPCC gehören auch die Opec-Staaten an, die traditionell versuchen, die Folgen des Klimawandels schönzureden. Am Donnerstag gab es Zweifel, ob der Termin für die Präsentation überhaupt gehalten werden könnte.

Am Donnerstag gab es aber bereits neue Warnungen von Experten. Die bisherigen Voraussagen über den Klimawandel könnten die tatsächliche Entwicklung unterschätzen, meint etwa eine internationale Autorengruppe um den Klimaforscher Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung im Journal „Science“. Der Meeresspiegel sei bedeutend schneller gestiegen als es der IPCC bisher noch vorhergesagt habe, zeigten neue Messungen. Satellitendaten zeigten von 1993 bis 2006 einen Anstieg um 3,3 Millimeter im Jahr. Die bisherigen IPCC-Angaben lägen bei weniger als zwei Millimetern im Jahr.

Ebenfalls in „Science“ zeigt Helen McGregor von der Universität Bremen, dass der Klimawandel die ertragreichen Fischgründe entlang zahlreicher Küsten negativ beeinflussen könnte. Solche küstennahen Kaltwasserregionen sind wirtschaftlich bedeutend: Sie machen zwar nur ein Prozent der Meeressoberfläche aus, liefern aber etwa zwanzig Prozent des weltweiten Fischfangs. dpa/deh

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