zum Hauptinhalt

Politik: Ein bisschen Unmut

Niedersachsens CDU und die große Koalition

Am 10. September sind Kommunalwahlen in Niedersachsen. Der Wahlkampf schleppt sich mitten in der Ferienzeit dahin – nicht nur der langen Hitzewochen wegen. Es fehlt an Stimmung. Vor allem der im Land regierenden CDU macht das zu schaffen. Landtagsfraktionschef David McAllister meint, das liege auch daran, dass Rückenwind aus Berlin fehlt. „Mir passt auch nicht alles“, betont er deshalb in seinen Reden landauf, landab. „Bei der Gesundheitsreform gibt es Punkte, mit denen ich nicht einverstanden bin.“ Aber für ein Bündnis aus Union und FDP habe es im Bund nun mal nicht gereicht, und nach derzeitigen Umfragen reiche es weiterhin nicht. Zwar habe es die große Koalition nicht leicht, aber sie solle als „Zweck-Lebensabschnittsgemeinschaft“ weitermachen bis 2009. „Wenn wir der Meinung sind, dass es die CDU mit der FDP besser kann, dann sollten wir in Niedersachsen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen mit den dortigen schwarz-gelben Mehrheiten ein Vorbild sein.“

Weil die Stimmung in den Wahlkampfveranstaltungen nicht so richtig aufkommt, giftet der CDU-Fraktionschef gerne in Richtung Berlin. „Die Leute haben doch die Schnauze voll von den ewigen Koalitionsstreitigkeiten auf Bundesebene“, ruft er in die Runde. Bei einigen Bundestagsabgeordneten wünsche er sich, „dass diese einfach mal einen Tag lang ihre Klappe halten“. Solche Töne bringen Beifall auf den Marktplätzen, das weiß der CDU-Mann. Aber wie stark ist die innere Zustimmung der Zuhörer? Manchmal scheint es, als wollten sie mit Applaus lediglich den rhetorischen Einsatz des Redners belohnen.

McAllister arbeitet sich ab vor dem Mikrofon wie ein Boxer, der einen Gegner durch den Ring treibt. Der Gegner heißt „Verärgerung an der Basis“. Das Dumme ist nur: Er tritt bei den Veranstaltungen oft gar nicht in Erscheinung. Zum Beispiel im kleinen Parsau im Kreis Gifhorn. Anerkennend erhebt sich das Publikum nach McAllisters Auftritt und applaudiert – Dank für eine unterhaltsame Rede. Vor der Fragerunde ist McAllister gespannt in Erwartung des Unmuts über Schwarz-Rot in Berlin. Auf alles ist er vorbereitet – Rente, Gesundheit, Pannen der Bundesminister, Steuer- und Abgabenlast.

Doch Fehlanzeige: Was den Menschen auf den Nägeln brennt, hat mehr mit dem engeren Umfeld zu tun. Einer will wissen, wie die Politiker in Hannover die Zukunft des VW-Werkes in Wolfsburg sehen, zumal dort doch viele arbeiten, die in Parsau wohnen. Ein anderer klagt über die langen Entscheidungswege in der Kreisverwaltung. Und der dritte will wissen, ob der Staat nicht doch mehr sparen könnte, wenn man mehrere Gemeindeverwaltungen zusammenlegen würde. Von Ärger über Berlin keine Spur. Vielleicht liegt die Hauptstadt in einem solchen Sommer doch viel weiter weg als sonst.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false