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Politik: Ein Bruder in der Wüste

Wirtschafts-Staatssekretär Rezzo Schlauch weist Zweifel am dienstlichen Zweck seiner Reise in die USA zurück. Die privaten Anteile der Reise will er selbst bezahlen

Rezzo Schlauch ist wieder in Deutschland. Der Wirtschafts-Staatssekretär landete am Freitag körperlich unbeschadet, allerdings nicht in Berlin, wo laut Programm die Reise hätte enden sollen, sondern in Stuttgart. Weil Schlauch seinen USA-Besuch politisch aber keineswegs unbeschadet überstanden hat, folgten kurz nach der Landung eine Pressekonferenz in Stuttgart und ein 40-minütiges Verhör vor der Bundespressekonferenz.

Beide Zusammenkünfte dienten der Klärung eines Verdachts. Vor einem knappen Jahr war Schlauch mit dienstlich erworbenen Bonusmeilen erster Klasse nach Thailand in den Urlaub gefahren. Zähneknirschend vergaben ihm seine Grünen; die Kosten erstattete Schlauch. Nun war er drei Wochen in den USA. Am 14. April besuchte er den Luftwaffenstützpunkt Alamogordo; am 16. folgte ein Gespräch mit dem Gouverneur von New Mexico; dienstlich ging es am 23. April weiter. Dazwischen lag jener Privat-Teil, von dem Schlauch sagt, er sei vorab mit der Reisestelle des Ministeriums geklärt worden, und es habe ein „Okay“ gegeben. Die knappe Woche über Ostern, die Schlauch zum Besuch seines Bruders nutzte, ist der Stein des Anstoßes. Die „Bild“, schon vor einem Jahr heftigster Verfolger aller Meilen-Sünder, wittert auch diesmal eine „Traumreise auf Steuerzahler-Kosten“.

Regierungssprecher Bela Anda ist anderer Ansicht. Die Bundesregierung erwarte beim Einbeziehen privater Termine in Dienstreisen das „notwendige Fingerspitzengefühl“, so Anda. Und er habe „keinen Anlass, zu bezweifeln, dass dieses Fingerspitzengefühl gefehlt hätte“. Eine schallende Ohrfeige für Schlauch? Anda stellt klar, er habe gemeint, es gebe keinen Anlass, am Vorhandensein von Fingerspitzengefühl zu zweifeln. Kurz danach wiederholt er freilich die mehrfache Negativformulierung, um sie dann erneut zu korrigieren: „Es gibt keinen Zweifel daran, dass es nicht so gewesen sein könnte.“ So – das heißt: ohne Fingerspitzengefühl.

Zu den bemerkenswerten Sätzen über die Reise gehört auch die Aussage von Clements Sprecherin, sie könne nicht sagen, ob der Minister hinter den Reiseaktivitäten seines Staatssekretärs stehe. Dafür wusste sie festzustellen, dass eines „nichts zur Sache tut“: Die Frage, ob Clement und Schlauch seit dessen Abreise am 12. April Kontakt zueinander hatten. Die Stimmung in der Bundespressekonferenz schwankte zwischen Beklemmung und Heiterkeit. Ob Berlin es denn begrüße, dass Repräsentanten ihre Privat-Teile von Dienstreisen so legten, dass sie nahe von Luftwaffenbasen landen und so etwas zur Verbesserung des transatlantischen Klimas tun könnten? „Das liegt an der Wahl des Urlaubsortes“, sagte Anda. Grundsätzlich sei alles gut, was den Kontakten diene.

Das Wirtschaftsministerium erklärte noch, eine Dienstreise bestehe aus „Planung, Durchführung und Abrechnung“. Weil die Abrechnung, für die Schlauch ein Herausrechnen seiner Privattermine zusagte, noch nicht erfolgt ist, gilt eines ganz zweifelsfrei: Offiziell ist Schlauchs Reise noch gar nicht beendet. Auch wenn der Staatssekretär in Stuttgart bereits ein Fazit formulierte. Er habe doch nur die „gute Tradition meiner Auslandsreisen fortgesetzt“.

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