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Überlebt, aber viel verloren. Zwei Frauen trauern in Charkiw um das, was einmal ihr Zuhause gewesen ist.

© dpa/AP/Andrii Marienko

Ein halbes Jahr Krieg in der Ukraine: Butscha, Mykolajiw, Mariupol – Orte, die es besonders schwer getroffen hat

Nach sechs Monaten Krieg und Belagerung sind viele ukrainische Städte schwer beschädigt. Ein Überblick über die Lage.

Seit sechs Monaten greift Russland die Ukraine nun schon an. Nach vorläufigen Schätzungen wurden dabei mehr als 350.000 Einrichtungen und Millionen Quadratmeter Wohn-, Bildungs-, Medizin- und Sportinfrastruktur zerstört, hinzu kommen immense Schäden an Straßen und Bahnstrecken, Flughäfen, und Häfen.

Nach Angaben aus dem Büro des ukrainischen Generalstaatsanwaltes wurden auch schon mehr als 1800 Bildungseinrichtungen zerstört – also Kindergärten, Schulen und Universitäten. Und nach Schätzungen des Analysezentrum der Kiewer Wirtschaftshochschule beläuft sich der durch den Krieg verursachte Schaden an der ukrainischen Infrastruktur bislang auf 110,4 Milliarden US-Dollar. Und die Zerstörung geht mit jedem Tag weiter.

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Im bisherigen Verlauf des Krieges hat es einige Orte bereits besonders schlimm getroffen. So wurden etwa 90 Prozent der Stadt Mariupol zerstört. Aber auch andernorts sieht nichts mehr aus wie vor dem Krieg.

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Charkiw

In Charkiw, der zweitgrößten Stadt der Ukraine und einem wichtigen Industrie- und Wissenschaftszentrum, wurde ein Teil des am dichtesten besiedelten Gebiets, Nord-Saltowka, vollständig zerstört. Häuser, Kirchen, Geschäftspavillons, Bushaltestellen, Sporthallen und medizinische Einrichtungen wurden getroffen. Die Stadt liegt 40 Kilometer von der russischen Grenze entfernt. Nach offiziellen Angaben wurden durch den Beschuss und die Bombardierung von Charkiw mehr als 4000 zivile Objekte verschiedener Eigentumsformen zerstört oder beschädigt. „Die Besatzer treffen ausschließlich die zivile Infrastruktur und versuchen, uns Bildungseinrichtungen, Verkehrsmittel und die Menschen ihrer Häuser zu berauben“, sagte der Leiter der Stadtverwaltung von Charkiw, Igor Terekhov.

Die Umgebung von Kiew

Zu Beginn ihrer Invasion versuchten die Russen, Kiew zu erreichen. Vergeblich. Es gelang ihnen jedoch, zwei Monate lang eine Reihe von Satellitenstädten zu halten. Am 2. April befreite das ukrainische Militär die Region Kiew vollständig. Es zeigte sich ein apokalyptisches, verheerendes Bild.

Die Orte Butscha, Irpin, Gostomel, Vorzel und Makarov hatten am meisten zu leiden. In Irpin tragen fast alle Häuser die Spuren der heftigen Kämpfe. Die Stadt wurde zum Niemandsland zwischen dem von den ukrainischen Streitkräften gehaltenen Fluss und dem von den Russen besetzten Butscha.

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Butscha war früher ein ruhiger Vorort, umgeben von großen Wäldern, nicht weit vom Kiewer Stausee entfernt. Die kleine Stadt hatte ihr eigenes mondänes Viertel mit Luxusvillen, Hotels, Infrastruktur, Privathäusern und vielen Neubauten für junge Leute, denen in der Hauptstadt die frische Luft fehlte. Doch dann kam der Krieg: Die Bilder aus Butscha, die getötete Zivilisten zeigten, gingen um die Welt. Butscha ist zum Symbol für die Grausamkeit des russischen Angriffskriegs geworden. Insgesamt wurden 74 Prozent der nach 2010 gebauten Häuser in Butscha, Irpin und Gostomel beschädigt.

Sumy

Die größten Zerstörungen in der Region Sumy fanden im Februar und März statt. Es gab keine Möglichkeit, etwas zu retten oder zu verteidigen – schon am ersten Tag des Krieges fuhren russische Panzer durch die Straßen. In der Region gab es 145 Siedlungen, die die Besatzung überstanden. Mehr als 2000 Einrichtungen wurden zerstört. Dazu gehörten Bildungseinrichtungen, das Gesundheitswesen und Unternehmen.

Cherson und Mykolajiw

Eine schwierige Situation ist im Süden der Ukraine zu beobachten. Die Region Cherson ist die erste ukrainische Region, die seit Beginn der groß angelegten Invasion fast vollständig eingenommen wurde. Nach Schätzungen der örtlichen Behörden wurden in der Region 2772 Objekte zerstört. Die Stadt Mykolajiw ganz in der Nähe von Cherson war eine der ersten Städte, die nach Beginn der Invasion angegriffen wurden. Die russischen Truppen näherten sich der Stadtgrenze, wurden aber zurückgedrängt.

Mehr zum Ukraine-Krieg auf Tagesspiegel Plus:

Nach Angaben der BBC ist Mykolajiw eine strategisch wichtige Schlüsselstadt für die Armee des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Hier hätte er die Möglichkeit, die Südküste der Ukraine abzuschneiden. Die Einnahme der Stadt könnte den Weg nach Odessa öffnen und einen Landkorridor nach Transnistrien schaffen. Die benachbarte Region Saporischschja ist besonders gefährdet, da dort neben der Infrastruktur und den Wohnhäusern auch das größte europäische Kernkraftwerk Saporischschja beschossen wird.

Mariupol

Der Kampf um das Asow-Stahlwerk in Mariupol ist zu einem der Symbole für den russischen Angriffskrieg geworden. Wochenlang harrten Soldaten und Zivilisten unter unvorstellbaren Bedingungen in der Industrieanlage aus und stellten sich den Angreifern entgegen. Ihre Fotos und Videos gingen um die Welt. Inzwischen ist die Stadt unter russischer Kontrolle. Vielen Asow-Kämpfern drohen nun Schauprozesse.

Vor dem Krieg arbeiteten in den Stahlwerk rund 12.000 Menschen, in Mariupol selbst lebten rund 400.000. Heute gleicht die Stadt einem Skelett. Nach Angaben des ukrainischen Bürgermeisters wurden rund 90 Prozent der Infrastruktur zerstört, auch weite Teile der historischen Altstadt.

Tausende Menschen kamen bei den Kämpfen und Bombardements ums Leben. Kaum eine ukrainische Stadt war derart schwer umkämpft – im Grunde schon seit Beginn des Konflikts in der Ostukraine 2014. Die Lage am Schwarzen Meer und die Nähe zu den Separatistengebieten in Donezk und Luhansk machen die Stadt zu einem strategisch wichtigen Ziel.

Yulia Valova

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