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Politik: Ein Held mit schmutzigen Händen

In Kroatien ist Ante Gotovina noch immer ein Idol – für seine Verbrechen ist nun Den Haag zuständig

Von Caroline Fetscher

Die Neuigkeit erreichte UN-Chefanklägerin Carla del Ponte gestern während ihres Besuches in Belgrad. „Ich möchte Ihnen nur die gute Nachricht mitteilen, die ich vor einer Stunde erhielt: Ante Gotovina ist in der Nacht auf der Kanaren-Insel Teneriffa verhaftet worden und wird in Kürze am Jugoslawien-Tribunal in Den Haag eintreffen“, erklärte sie, um sich im selben Atemzug bei der kroatischen und der spanischen Regierung für die „gute Zusammenarbeit“ zu bedanken. Die war zumindest in Kroatien nicht selbstverständlich, denn dort gilt Gotovina als „Held“ und seine Festnahme als unpopulär.

Der 50-jährige kroatische Ex-General Ante Gotovina soll verantwortlich sein für den Tod von 150 serbischen Zivilpersonen und die Vertreibung von 150 000 Zivilisten während der kroatischen Offensive „Oluja“ (Sturm) 1995 in der mehrheitlich von serbischen Kroaten bevölkerten Krajina.

Im Februar 2004 veröffentlichte das Den Haager Tribunal die Anklage gegen ihn. Sie lautete unter anderem auf Mord, Vertreibung und Verletzung des Kriegsrechts. Zagrebs politische Elite hatte immer wieder beteuert, Gotovina sei „außer Landes“, man wisse nicht, wo er sich aufhalte. Aber kaum ein kritischer Beobachter traute den Dementis der Regierung unter Premier Ivo Sanader, während die dem Westen zugewandtere Haltung des weltoffenen Präsidenten Stipe Mesic wenig zählte. Indes prangten an Kroatiens Plakatwänden Porträts des gesuchten Generals, die ihn als nationales Idol auswiesen. Veteranenverbände und Teile der katholischen Kirche nahmen den mutmaßlichen Massenmörder in Schutz. Da der Name Gotovina übersetzt „Bargeld“ bedeutet, kursierte unter Kroatiens jungen Leuten der ironische Spruch: „Wir haben hier kein Bargeld – geht’s auch mit Mastercard?“

So suspekt waren der „internationalen Gemeinschaft“ die offiziellen Aussagen aus Zagreb, dass sie im Frühjahr die EU-Beitrittsfrage für Kroatien vorübergehend auf Eis legten, um sie erst vor kurzem wieder aufzutauen, wenn auch mit Vorbehalten. „Inzwischen sind neue EU-Beitritte vielerorts so umstritten, dass Kroatiens Regierung wohl kalte Füße bekommen hat“, vermutet die Zagreber Journalistin Lidija Klasic.

Der Familienvater Ante Gotovina, der einst für die französische Fremdenlegion kämpfte, besitzt einen französischen Pass. Vermutet wird allerdings, dass Geheimdienstkreise Gotovina für seine Flucht falsche Papiere besorgt hatten. Am Ende half das nicht.

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