zum Hauptinhalt
320258_3_xio-fcmsimage-20100127164854-006000-4b606066dcca0.heprodimagesfotos82420100128trio.jpg

© F.-Naumann-Stiftung

Ein Jahr Obama: Wechselnde Winde statt Wind des Wechsels

"Barack Obama und die Grenzen des Wandels" – die Skepsis, die im Untertitel der Veranstaltung mitschwang, teilten alle drei Diskutanten. Tagesspiegel-Korrespondenten diskutierten über ein Jahr Obama.

Berlin - Von drei Generationen zu sprechen, wäre verfehlt, sind doch die drei Herren auf dem Podium alle ähnlich jung. Aber immerhin 14 Jahre Tagesspiegel in Washington repräsentierten sie, als sie am Dienstagabend eine Bilanz des ersten Jahrs der neuen amerikanischen Regierung zogen: Robert von Rimscha, der 1996 USA-Korrespondent der Zeitung wurde, Malte Lehming, der ihm 2001 folgte, und Christoph von Marschall, der seit 2005 für den Tagesspiegel aus der amerikanischen Hauptstadt berichtet. Die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung hatte sie – moderiert von Tagesspiegel-Herausgeber Hermann Rudolph – um Antwort auf die Frage gebeten, ob mit dem neuen Präsidenten tatsächlich eine „Erneuerung Amerikas“ begonnen habe.

„Barack Obama und die Grenzen des Wandels“ – die Skepsis, die im Untertitel der Veranstaltung mitschwang, teilten alle drei Diskutanten. Obama, der in der Nacht zum Donnerstag eine Rede zur Lage der Nation halten wollte, versprach den Wandel, aber: „Es war eine Fehlinterpretation, dass die Nation tatsächlich so viel Wandel wollte“, sagt Christoph von Marschall. Das Mandat für große Gesellschaftsveränderungen werde Obama gerade entzogen, wie der Verlust eines Senatssitzes in Massachusetts zeige. „Der Vorwurf der Amerikaner an Obama ist nicht, dass er zu wenig getan, sondern dass er zu viel angefangen hat.“ Darunter womöglich zu vieles, was den meisten Wählern nicht auf den Nägeln brennt – Außenpolitik – oder sie gar gegen ihn aufbringt, etwa die Unterstützung für die Banken, die in einem Land mit soviel Staatsskepsis als ungeheure Verschwendung von Steuerdollars angesehen wird. Wobei freilich die globale Rolle der USA keine untergeordnete Größe ist, ergänzte Malte Lehming: „Es gab viele Amerikaner, die entsetzt waren über Amerikas Ansehen in der Welt und die sehr erleichtert sind, dass es in Umfragen jetzt wieder auf Platz eins der beliebtesten Länder steht.“

Robert von Rimscha – er ist seit ein paar Wochen Vizechef des Planungsstabs im Auswärtigen Amt und legte Wert darauf, dass seine Beiträge nicht als regierungsamtlich gewertet würden – verwies auf die Struktur der US-Wählerschaft. Schon deren „beschleunigte Volatilität“ entziehe Revolutionen in Washington den Boden. Obamas Sieg war daher kein eindeutig demokratischer Erfolg. Seit Jahren wachse die Gruppe der „Independents“, die sich weder von den Demokraten noch von den Republikanern wirklich vertreten fühle und von Fall zu Fall ihre Wahlentscheidung treffe: Man sagt ja zur Todesstrafe und nein zu Steuern – klassische Themen der Republikaner – hält aber mehr Staat in Bildung und Gesundheitspolitik für richtig und eine kooperative Rolle Amerikas in der Welt – traditionell demokratische Positionen.“ Ob die Welt nach der Obamania gerade dem unwiderruflichen Niedergang eines Idols zusieht? Die Runde sieht dafür wenig Anzeichen. Die Stimmung, so Malte Lehming, sei derzeit „Anti-Establishment“, ohnehin eine Konstante der US-Politik, „nicht Anti-Obama“. Und Rimscha erinnerte daran, dass die Amerikaner nur einem Präsidenten der Nachkriegszeit keine zweite Chance und Amtszeit gegönnt hätten – Jimmy Carter.

 Andrea Dernbach

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false