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Umweltpolitik: Ein Jahrhundertwerk

Am 14. Januar gibt es die letzte Chance, das seit 20 Jahren geplante Umweltgesetzbuch noch auf den Weg zu bringen.

Berlin - Ganz hat Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) das Projekt noch nicht aufgegeben. Er hofft, dass das seit 20 Jahren geplante Umweltgesetzbuch am 14. Januar doch noch im Kabinett landet und dann möglichst schnell im Parlament. Zwei Mal stand das Thema bereits auf der Tagesordnung der Regierung, zuletzt Mitte Dezember, und wurde auf Drängen vor allem der CSU verschoben.

Dabei hatte die Ressortabstimmung zwischen den Ministerien schon lange genug gedauert. Nachdem es im Juni eine Anhörung gegeben hatte, dauerte es bis Anfang Dezember, bis Gabriel alle seine Kollegen – insbesondere Wirtschaftsminister Michael Glos  und Horst Seehofer (beide CSU) – überzeugt hatte. Es war eine der letzten Amtshandlungen Seehofers als Agrarminister, bevor er das Amt an Ilse Aigner (CSU) abgab, um Ministerpräsident in Bayern und CSU-Chef zu werden. Doch nun entdeckten die CDU und insbesondere die CSU, dass ihre Minister den Gesetzentwurf aus ihrer Sicht noch nicht ausreichend verwässert hatten. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) und CSU-Landesgruppenchef Peter Rams auer äußerten die Befürchtung, dass Umweltbehörden zu große Ermessensspielräume bei Investitionsvorhaben von Firmen bekommen könnten. Hinter diesen Bedenken steht nach der Einschätzung von Fachleuten jedoch weniger die Industrie als die Agrarlobby.

Denn mit dem Herzstück des neuen Umweltgesetzbuchs, der sogenannten Integrierten Vorhabensgenehmigung (IVG), wäre der Industrie durchaus geholfen. Anstatt parallel mehrere Genehmigungsverfahren nach dem Wasserrecht, dem Naturschutzrecht und der Bundesimmissionsschutzverordnung durchlaufen zu müssen, könnten Industrieanlagen mit einem einzigen Antrag geprüft und genehmigt werden. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) weist in einem offenen Brief an die Kanzlerin darauf hin, dass die Unternehmen damit um rund 30 Millionen Euro jährlich entlastet werden könnten, „die sich aus dem Abbau bürokratischer Informationspflichten ergeben“ würden. Doch die IVG soll auch für Anlagen gelten, die Landwirte bauen wollen, wie etwa Biogasanlagen oder Güllebehälter, die nach Einschätzung von Magnus Hermann vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) eine hohe Umweltrelevanz haben. Vor allem das scheint einige in der Unionsfraktion nach entsprechenden Protestbriefen des Bauernverbands zu missfallen. Doch so deutlich sagt das keiner.

Magnus Hermann hält die Kritik am Umweltgesetzbuch für „von den Fakten losgelöst“ und hofft, dass die Koalitionsrunde an diesem Montag die Blockade löst und das UGB doch noch am 14. Januar ins Kabinett bringt. Denn „sonst wird es wohl nicht kommen“. Schließlich muss das Gesetz durch den Bundestag und den Bundesrat, um rechtzeitig zum 1. Januar 2010 in Kraft treten zu können, und am 27. September wird ja schon wieder gewählt. Von 2010 an können die Bundesländer mit ihren wasser- und naturschutzrechtlichen Regelungen von der Bundesgesetzgebung in einem gewissen Rahmen abweichen. Das ist ein Ergebnis der Föderalismusreform. Das Umweltgesetzbuch war auch ein direkter Auftrag aus dieser Reform, und im Koalitionsvertrag 2005 hatten Union und SPD das Ziel noch als vorrangig notiert. Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn sieht im Streit um das UGB ein Symptom dafür, dass die „Kanzlerin nicht mehr die Durchsetzungskraft hat, um gegen Lobbyisten in der eigenen Partei den Schutz der Umwelt wirkungsvoll ins Spiel zu bringen“.

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