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Der CDU-Abgeordnete Michael Brand hält im Bundestag ein Bild des ermordeten Walter Lübcke hoch.

© Christoph Soeder/dpa

Ein Kampf für Walter Lübcke: „Ich verachte Ihre Äußerungen zu diesem schrecklichen Verbrechen“

Ein AfD-Politiker hat den CDU-Politiker Brand zu einem Streitgespräch über den Mordfall Lübcke eingeladen. Der lehnt ab, mit einem Brief voller Empörung.

Michael Brand macht gerade Urlaub im früheren Ferienort Konrad Adenauers, Cadenabbia am Comer See. Der Menschenrechtsbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion kann etwas Abstand gut gebrauchen. Was er seit einigen Wochen erlebt, macht ihn fassungslos – und er will aufrütteln. Jetzt knöpft er sich zwei ehemalige CDU-Weggefährten vor, die er als Gefährder der Demokratie sieht.

Doch der Reihe nach: Brands langjähriger Freund Walter Lübcke ist mutmaßlich von einem rechtsextremen Terroristen erschossen worden, der Kasseler Regierungspräsident ist für Brand ein Patriot, der auch in den Zeiten der Flüchtlingskrise christliche Werte als Tugenden verteidigt hat.

Brand hatte danach in Briefen und einer Rede im Bundestag an das eigene Lager appelliert, die rechtsextremistische Gefahr nicht länger zu verharmlosen und die AfD als Wolf im Schafspelz hart zu attackieren. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer zog noch einmal für die CDU ganz klar die rote Linie: Keine Zusammenarbeit mit der AfD, im Bund wie in den Bundesländern.

Nun hat der nach Antisemitismusvorwürfen aus der CDU ausgeschlossene Politiker Martin Hohmann (es ging um eine Tätervolk-Kontroverse in einer Rede zum Tag der Deutschen Einheit 2003), der heute für die AfD im Deutschen Bundestag sitzt, die Chuzpe besessen, Brand und seinen CDU-Kollegen Peter Tauber zu einem Streitgespräch eingeladen.

Zusammen mit der nicht minder umstrittenen Erika Steinbach, früher auch in der CDU. In der Facebook-Einladung sind bereits die Köpfe von Hohmann und Steinbach eingefügt, bei Brand und Tauber stehen noch Fragezeichen. Frei nach dem Motto: Ob sie sich trauen? Doch Brand und Tauber werden bei dem durchsichtigen Manöver nicht mitmachen.

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„Eine Plattform für Hetze werden wir Ihnen nicht bieten“

Tauber hatte Steinbach wegen ihrer Attacken gegen Lübcke eine Mitschuld an dessen Tod vorgeworfen. Hohmann wiederum hatte betont, wenn es den von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu verantwortenden "Massenzustrom an Migranten“ nicht gegeben hätte, würde Lübcke noch leben.

In seiner bei Facebook veröffentlichten „Dialog“-Einladung an Brand und Tauber schreibt Hohmann: „Panik auf der CDU-Titanic. Zu lange nach links gesteuert. Der Eisberg ist gerammt. Das CDU-Schiff sinkt. Die CDU hat nicht nur vor dem Zeitgeist kapituliert. Sie hat ihn aufgesogen.“ Die jüngsten Äußerungen einiger Unionspolitiker zeigten: „Wir erleben eine phrasen- und unterstellungsgeladene Generalmobilmachung einer ehemaligen Volkspartei, die ihren Niedergang aufhalten und ihren politischen Konkurrenten AfD ausschalten will.“ Die bevorstehenden Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen würden die Angst zur Panik noch steigern, schreibt Hohmann.

Brand hat nun einen geharnischten Brief an Hohmann geschrieben, er liegt dem Tagesspiegel vor. „Eine Plattform für Hetze unter dem Vorwand von Dialog werden wir Ihnen nicht bieten.“ Es ist auch ein Denkzettel an die, die meinen, durch Einladungen in Talkshows die AfD-Vertreter stellen zu können. Brand hält den Dialog für sinnlos. „Wir beide stammen aus demselben Landkreis, waren einmal in derselben Partei, den Weg eines Christdemokraten haben Sie verlassen. Auch Erika Steinbach kenne ich, wie Sie wissen, seit vielen Jahren aus langer parlamentarischer Zusammenarbeit“, schreibt Brand.

Martin Hohmann (AfD)
Martin Hohmann (AfD)

© dpa

Und weiter: „Nicht nur ich, sondern viele Kolleginnen und Kollegen haben mit Bedauern, Unverständnis und später auch mit klarer Ablehnung die Selbstradikalisierung einer Frau beobachtet, die sich einmal den Opfern von Diskriminierung, Vertreibung und Gewalt verpflichtet fühlte. Was ist aus Erika Steinbach und Ihnen bloß geworden, dass Sie sich als Projektionsfläche und Plattform für Hetze, ja sogar Mordaufrufe zur Verfügung stellen?“

Die Anständigen hätten inzwischen begonnen, sich zur Wehr zu setzen. „Es werden nicht mehr die Lügen, die Hetze und nicht die taktischen Manöver unkommentiert bleiben, mit denen die Hohmanns, Höckes, Steinbachs und deren Gesinnungsgenossen versuchen, unser großartiges Land von innen zu zerstören“, schreibt Brand. „Der AfD-Finanzier Putin hat sicher seine helle Freude an Ihrer Strategie, wir Patrioten verteidigen dagegen unser Land.“

„Die Mehrheit der Deutschen wendet sich angewidert ab“

In Hohmanns Logik sei der aufrechte Patriot Walter Lübcke mit seiner zutiefst christlichen Haltung und seiner anständigen Hilfe für die Flüchtlinge „selbst schuld“ an seiner Ermordung. „Mir fehlen dazu die Worte, um Entsetzen und auch „heiligen Zorn“ angemessen zum Ausdruck zu bringen.“

Dass Hohmann nicht einmal mehr die Pietät, den Anstand besitze, die Familie wenigstens in der Trauerphase „mit Ihrer völlig wahnwitzigen Rechtfertigung des Mordes an Walter Lübcke zu verschonen, zeigt den Grad der Radikalisierung, der auch bei Ihnen zutage tritt“. Dass er die für einen Christen so zentralen Gebote wie Nächstenliebe und Mitmenschlichkeit mit Füßen trete, müsse Hohmann selbst mit seinem Gewissen vereinbaren. „Mit der Ermordung meines Freundes Walter Lübcke erreicht unser beider Verhältnis eine andere Qualität. Ich werde nicht den Hass predigen, so wie Sie es tun. Aber ich verachte und missbillige ausdrücklich Ihre Haltung und Ihre Äußerungen zu diesem schrecklichen Verbrechen.“

Und weiter schreibt der Chef der hessischen CDU-Abgeordneten im Bundestag: „Die Mehrheit der Deutschen wendet sich angewidert ab.“ Sie sei bereit, für das Land und seine Werte zu kämpfen. „Wir werden diesen Kampf gewinnen.“ Brand verspricht, den Kampf gegen die AfD-Funktionäre und um die Anständigen in der Wählerschaft der AfD offensiv zu führen. „Unser Vaterland, die Freiheit und unsere offene Gesellschaft werden wir gegen die AfD und Ihre Helfershelfer im In- und Ausland erfolgreich verteidigen.“ Damit ist aus Brands Sicht zum Fall Hohmann erstmal alles gesagt.

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