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Politik: Ein Kind, zwei Mütter

Der US-Mediziner Grifo will Unfruchtbaren mit einer umstrittenen Methode helfen. Er nutzt Eizellen von verschiedenen Frauen

Wird es bald Kinder geben, deren Erbgut von einem Vater und zwei Müttern stammt? Fast wäre schon so weit gewesen, wenn nicht die Schwangerschaft einer 30-jährigen Chinesin mit dem Tod zu früh geborener Zwillinge geendet hätte. Die Frau litt an einer schweren Form von Unfruchtbarkeit. Mit einer ethisch umstrittenen Methode wollten Mediziner aus China und den USA dieses Problem überwinden, wie jetzt auf einer Tagung in San Antonio, Texas, bekannt wurde.

Es geht um Zellkerntransfer – ein entscheidender Schritt auch beim Klonen. Allerdings wird beim Klonen, im Gegensatz zur Befruchtung, bei der väterliches und mütterliches Erbgut verschmelzen, nur ein einzelnes Genom vervielfältigt.

Bei dem jetzt vorgestellten Verfahren gibt es genetisch noch eine zweite Mutter. Der Zellkern wird gleich nach der Befruchtung in die entleerte Eizelle einer Spenderin übertragen. Dort teilt sich der Zellkern weiter. Der Embryo wird später wieder in die Gebärmutter der zunächst unfruchtbaren Frau eingepflanzt. Von nun an sollte die Schwangerschaft normal verlaufen und mit der Geburt gesunder Kinder enden. Dies verspricht – allen voran – der Arzt James Grifo von der New Yorker Universität, der die Methode seit etwa fünf Jahren vorantreibt. Profitieren sollen vor allem ältere Frauen, deren Eizellen nicht mehr in der Lage sind, dem Embryo ein entwicklungsfähiges Milieu zu bieten.

„Probleme mit der Zellteilung könnten darauf zurückgehen, dass die Kraftwerke der Zelle nicht mehr einwandfrei arbeiten“, sagt Axel Kamischke, Reproduktionsmediziner an der Universität Münster. Diese Mitochondrien liegen in der Zellflüssigkeit und beeinflussen den befruchteten Zellkern nach dem Transfer. „Die Mitochondrien enthalten auch genetische Informationen“, erklärt Kamischke. Dieses Erbmaterial nimmt der Embryo beim Rücktransfer – wenn auch in geringem Umfang – mit, so dass er mit Genen zweier Mütter und eines Vaters ausgestattet ist. Als „heiße Kiste“ bezeichnet denn auch der Tübinger Spezialist Diethelm Licht das Verfahren, das in Deutschland nach dem Embryonenschutzgesetz verboten ist. In den USA forderte die zuständige Behörde ein aufwändiges Zulassungsverfahren.

Grifo wich nach China aus, wo er zusammen mit seinem Mitarbeiter John Zhang die Ärzte anleitete. Die von ihm behandelte Frau war zunächst mit Drillingen schwanger. Ein Embryo wurde aus Platzgründen entfernt, die beiden anderen kamen nach sechs beziehungsweise sieben Monaten zur Welt, starben aber dann an Komplikationen. „Die Babys waren gesund“, sagt Grifo. In den USA hätten sie überlebt, behauptet er. Mediziner Licht bezweifelt das. „Wir wissen noch viel zu wenig“, sagt er.

Paul Janositz

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