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Politik: Ein Mord, der Frankreich verändert hat

Paris - Es waren drei Schüsse, kaltblütig aus nächster Nähe abgefeuert, mit denen am Abend des 6. Februar 1998 Claude Erignac, der Präfekt von Korsika, vor einem Theater in Ajaccio von einem Kommando korsischer Nationalisten niedergestreckt wurde.

Paris - Es waren drei Schüsse, kaltblütig aus nächster Nähe abgefeuert, mit denen am Abend des 6. Februar 1998 Claude Erignac, der Präfekt von Korsika, vor einem Theater in Ajaccio von einem Kommando korsischer Nationalisten niedergestreckt wurde. Knapp zehn Jahre nach dem Attentat, das wie kein anderer Anschlag korsischer Unabhängigkeitskämpfer die französische Staatsmacht auf der Mittelmeerinsel herausforderte, wird die Erinnerung an das Drama noch einmal wach. Vor einem mit Berufsrichtern besetzten Sonderschwurgericht in Paris muss sich seit Montag der mutmaßliche Todesschütze, Yvan Colonna, für die Tat verantworten.

Der 47-jährige Ziegenhirte hatte sich im Mai 1999 dem Zugriff der Antiterrorpolizei durch Flucht in die korsischen Berge entzogen. Die übrigen sechs des nach Polizeiangaben siebenköpfigen Kommandos sowie zwei als Auftraggeber bezeichnete Männer waren zuvor verhaftet worden. Auf die Spur des Kommandos waren die Ermittler durch Analysen der Sendeprotokolle einer lokalen Mobiltelefongesellschaft gekommen. Die Angehörigen des Kommandos hatten vor und nach dem Mord in unmittelbarer Nähe des Tatorts miteinander telefoniert. Sie wurden zu Strafen zwischen 15 Jahren und Lebenslänglich verurteilt. Die zwei angeblichen Auftraggeber wurden später in einem Berufungsverfahren freigesprochen.

Colonna wurde erst 2003 in einem Versteck südlich der Inselhauptstadt gestellt. Die Anklage gegen ihn stützt sich im Wesentlichen auf die Aussage der übrigen Kommandomitglieder, die ihn nach ihrer Verhaftung als den Todesschützen bezeichneten, diese Aussagen später jedoch widerriefen. Stichhaltige Beweise hat die Staatsanwaltschaft gegen Colonna nicht. Während seiner Flucht genoss der Hirte breite Unterstützung aus der Bevölkerung. Noch am vergangenen Wochenende wurde gegen die korsische Sängerin Patrizia Gattaceca, die ihn mehrmals bei sich aufgenommen hatte, eine Untersuchung eingeleitet. Hans-Hagen Bremer

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