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Politik: Ein neuer Job

Großbritanniens scheidender Premier Tony Blair wird Sondergesandter des Nahostquartetts

Von
  • Markus Hesselmann
  • Hans Monath

Bei seinem letzten Auftritt im britischen Unterhaus sprach Tony Blair, als hätte er sein neues Amt schon übernommen. Was wird er machen in seiner Rolle als Sondergesandter des Nahostquartetts, fragte ihn der konservative Oppositionsführer David Cameron bei der letzten Fragestunde des scheidenden Premierministers. Blair stand auf und sagte nicht etwa, dass er den Job zu diesem Zeitpunkt ja noch gar nicht habe. Das war bis dahin die offizielle Linie der britischen Regierung. Stattdessen sprach Blair – schon ganz Vermittler – von der „Priorität“, alles zu tun, was zu einer Zweistaatenlösung zwischen Israel und den Palästinensern führt. Die offizielle Bestätigung zu Blairs neuem Job kam dann am Mittwochabend.

Womöglich aber sind groß angelegte Vermittlungsentwürfe vom Gesandten Blair gar nicht gefragt. Denn längst nicht alle Mitglieder des Nahostquartetts, das sich aus den UN, den USA, der EU und Russland zusammensetzt, sind begeistert von der Idee, mit der US-Präsident George W. Bush seine Partner überraschte. Bundesaußenminister Frank- Walter Steinmeier zeigte sich am Mittwoch verstimmt über die mangelnde Absprache bei Blairs Nominierung. Dass diese außerhalb des Quartetts vorgeschlagen worden sei, „kann naturgemäß dem Mitglied des Quartetts so nicht gefallen“, sagte Steinmeier in Berlin.

Blair werde nur ein eng begrenztes Mandat haben, kündigte der Außenminister an. Er werde im Auftrag des Quartetts lediglich für den Aufbau palästinensischer Regierungsinstitutionen zuständig sein. Die – weit wichtigere – politische Aufgabe der Gestaltung des nahöstlichen Friedensprozesses wolle das Quartett selbst in der Hand behalten. Blairs Ernennung zum Sondergesandten für die Nahost-Region hatte sich wegen russischer Bedenken verzögert, die sich auch auf das nicht im Quartett abgestimmte Vorgehen bezogen. Ohnehin hat Russland mit Großbritannien zurzeit eher schlechte Beziehungen. Die Regierung Blair forderte die Auslieferung des früheren KGB-Mitarbeiters Andrei Lugowoi, dem in Großbritannien der Prozess gemacht werden soll. Ihm wird der Mord am Regimekritiker Alexander Litwinenko vorgeworfen. Am Mittwoch aber signalisierte Präsident Wladimir Putin laut der Agentur Interfax seine Zustimmung zu Blairs neuer Rolle. Putin hoffe, dass Blair seine reichen Erfahrungen in der Regierung und Außenpolitik nun in der internationalen Arena anwenden werde, hieß es.

Steinmeier sagte, die Entscheidung für den Nahostgesandten sei „ein wenig an der Willensbildung im Quartett vorbeigegangen“. Er erwarte keine Überschneidungen mit dem EU-Beauftragten für Außenbeziehungen, Javier Solana. „Solana wird Mitglied des Quartetts bleiben, Tony Blair arbeitet dem Quartett zu.“

Zumindest die israelische Konfliktpartei hat keine Einwände gegen Blair. Regierungschef Ehud Olmert hatte schon frühzeitig sein Einverständnis geäußert. Jetzt habe er Blair in einem Telefonat vollständige Zusammenarbeit zugesichert, hieß es am Mittwoch in Agenturberichten. Blair sei „ein wahrer Freund Israels“, teilte Olmerts Büro mit. Dagegen gilt Blair in der arabischen Welt neben George W. Bush als Hauptbefürworter des Irakkriegs und der westlichen Truppenpräsenz im Irak. Für den Briten spricht sein Erfolg als Friedensvermittler in Nordirland. Ian Paisley, Führer der protestantischen Seite in dem jahrzehntelangen Konflikt, wünschte Blair im Unterhaus für seine „kolossale Aufgabe“ im Nahen Osten alles Gute. „Ich hoffe, dass sich das wiederholt, was zuletzt in Nordirland geschah“, sagte er.

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