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Politik: Ein Schiff soll kommen

Im Europaparlament wächst die Kritik an der Türkei, weil sie Häfen für Güter aus dem griechischen Teil Zyperns nicht öffnet

Showdown oder Schmusekurs? Noch ist unklar, wie das Ringen zwischen der EU und Ankara um eine Lösung des Zypern- Problems bis Ende des Jahres ausgeht. Seit Monaten fordert die Europäische Union die Türkei dazu auf, bis Jahresende die Häfen und Flughäfen für Güter aus dem griechischen Teil der geteilten Insel Zypern zu öffnen. Ankara setzt aber bis heute ein entsprechendes Protokoll nicht um. Die Türkei will ihre Häfen für das EU-Mitglied Zypern erst dann öffnen, wenn auch die Isolierung des türkischen Inselsektors aufgehoben wird. Dies wiederum lehnt die Regierung des griechischen Inselteils ab.

Besonders im Europaparlament verschärft sich angesichts der Hängepartie die Kritik an der Türkei. Klaus Hänsch (SPD), der frühere Präsident des Parlaments und Mitglied im Auswärtigen Ausschuss, fordert eine Aussetzung der EU-Beitrittsgespräche mit Ankara für den Fall, dass die Türkei bis Jahresende im Streit um die Zollunion mit Zypern nicht einlenkt. In der Türkei müsse man sich klar darüber werden, „dass die Türkei der EU beitritt und nicht umgekehrt“, sagte Hänsch am Donnerstag dem Tagesspiegel. Die Umsetzung des so genannten Ankara-Protokolls, das die Öffnung der türkischen Häfen und Flughäfen vorsieht, sei „kein Verhandlungsgegenstand“, sagte Hänsch. In der vergangenen Woche hatte der Auswärtige Ausschuss des Europaparlaments einen Bericht verabschiedet, in dem der mangelnde Fortschritt der Türkei bei der Meinungs- und Religionsfreiheit sowie beim Schutz von Minderheiten kritisiert wird.

Ob es die EU in der Zypern-Frage indessen tatsächlich auf eine Aussetzung der Beitrittsgespräche und damit auf eine große Krise ankommen lassen würde, ist zwar noch nicht ausgemacht. Allerdings lässt auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) keinen Zweifel daran, dass die Türkei das Streitthema aus der Welt schaffen muss, wenn sie der EU beitreten will. Am Mittwochabend sagte die Kanzlerin bei einem Besuch der Europazentrale des türkischen Medienkonzerns Dogan Media Group (DMG) in der Nähe von Frankfurt am Main, das Verhältnis der Türkei zu Zypern sei ein Problem. Dieses müsse unabhängig davon gelöst werden, wer an dem Konflikt schuld sei.

Mit einem neuen Reformsprint will die türkische Regierung derweil der wachsenden Kritik der EU am demokratischen Stillstand in Ankara begegnen. Das Parlament wird aus der Sommerpause zurückgerufen, damit ab kommendem Dienstag ein neues Reformbündel beschlossen werden kann. Dies werde den Druck auf die Türkei vermindern, zitierte die Zeitung „Turkish Daily News“ Vertreter der Brüsseler EU-Kommission. Auch könne sich die Türkei damit eine bessere Ausgangsposition für den absehbaren neuen Streit um Zypern sichern.

Denkbar ist aber auch, dass Ankara erst Anfang 2008 wieder für Kompromisse beim Zypern-Problem zu haben ist. Ende 2007 wird in Ankara ein neues Parlament gewählt, und in einem halben Jahr steht die Präsidentenwahl an, bei der dem Premier Recep Tayyip Erdogan selbst Ambitionen nachgesagt werden. Deshalb sind innenpolitisch riskante Zugeständnisse Erdogans in der Zypern-Frage vorerst unwahrscheinlich.

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