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Politik: Ein unbezahlter Job für Gerhard Schröder

Der Altkanzler wird Ehrenvorsitzender des Nah- und Mittelostvereins — und preist den Außenminister

Von Hans Monath

Berlin - Wer aufpasst, kann aus den Lobreden auf Verstorbene oft das Selbstbild des Redners heraushören. „Er war eine Ausnahmeerscheinung, einer jener Typen, die in der Politik gelegentlich vermisst werden“, lobte Gerhard Schröder am Montag den im vergangenen Jahr verstorbenen SPD-Nahost-Experten Hans- Jürgen Wischnewski. Im Weltsaal des Auswärtigen Amtes (AA) übernahm der Altkanzler den Ehrenvorsitz des Nah- und Mittelostvereins. Bis zu seinem Tod hatte „Ben Wisch“, wie der im arabischen Raum geschätzte Wischnewski genannt wurde, diese Funktion bei der Vereinigung zur Förderung desWirtschaftsaustauschs mit der Region zwischen Kairo und Karatschi ausgefüllt.

Wenn AA-Hausherr Frank-Walter Steinmeier (SPD) in der großen Koalition seinen früheren Chef als „Ausnahmeerscheinung“ und „Typen“ vermissen sollte, ließ er es sich zumindest am Montag bei seinen Begrüßungsworten nicht allzu deutlich anmerken. Freilich lobte der Außenminister („sehr verehrter Herr Bundeskanzler, lieber Gerd“) in Anwesenheit von Ex-Innenminister Otto Schily (SPD) den Ex-Kanzler als Pionier der Zusammenarbeit mit dem Nahen und Mittleren Osten und Förderer des Wirtschaftsaustauschs mit der Region, während der Name Angela Merkel in der ganzen Festveranstaltung kein einziges Mal fiel. Steinmeier war Ende vergangene Woche von einer Reise durch die Golf-Staaten zurückgekehrt, in denen Schröder als entschiedener Gegner des Irak-Kriegs noch immer höchste Wertschätzung genießt.

Der neue Ehrenvorsitzende revanchierte sich bei seinem ersten offiziellen Auftritt seit dem Regierungswechsel mit Lobeshymnen auf den Außenminister: Er sei gerne ins Auswärtige Amt gekommen, um dem Hausherrn „meinen Respekt zu sagen für seine exzellente Arbeit in einem wirklich schwierigen Umfeld“. Insbesondere die Rolle, die Steinmeier im Konflikt um das Nuklearprogramm des Iran spiele, könne „gar nicht hoch genug eingeschätzt werden“, meinte Schröder. Anders als der neue Außenminister wandte sich der Altkanzler aber entschieden gegen die Möglichkeit von Wirtschaftssanktionen gegen Teheran und befürwortete außerdem direkte Verhandlungen mit der palästinensischen Hamas-Regierung.

Mit ironischem Unterton ging Schröder auf die Kritik an seinem Engagement für die Ostseepipeline unter Führung der russischen Gasprom ein: Es habe sich herumgesprochen, dass er auch „in anderen Bereichen“ als den Golfstaaten „versuche, ein bisschen dafür zu arbeiten“, dass eine sichere Energieversorgung Deutschlands gewährleistet werde. Der offensichtlich gut gelaunte Ex-Kanzler wies, „um Missverständnisse zu vermeiden“, dann darauf hin, dass die neue Aufgabe ein „Ehrenamt“ sei — also nicht vergütet werde.

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