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Ihre Zeit ist wohl um: Kroatiens Regierungschefin Jadranka Kosor hat die massive Korruption unter ihrem Vorgänger eingeholt. Foto: AFP

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Politik: Ein Wahltag, zwei Machtwechsel?

Die Krise macht Slowenien wie Kroatien zu schaffen – in Zagreb dürfte die Regierung aber auch über massive Korruption stürzen.

Jahrelang trennte ein Streit um die Seegrenze in der Bucht von Piran die zwei Millionen Slowenen und die 4,3 Millionen Kroaten. Er blockierte auch die EU-Beitrittsverhandlungen, die Kroatien nun im Sommer abschließen konnte. Am Sonntag werden beide Länder selten einmütig handeln: Beide wählen – vermutlich aber mit sehr unterschiedlichem Ausgang. In Slowenien dürfte bei der ersten vorgezogenen Parlamentswahl in der 20 Jahre jungen Geschichte des unabhängigen Staates die Mitte-links-Koalition unter Führung der Sozialdemokraten eine massive Niederlage einfahren. In Kroatien dagegen steht die konservative Regierung unter Führung der HDZ vor einem politischen Absturz.

Die von Umfragen vorausgesagten Machtwechsel haben in beiden Staaten einen gemeinsamen Nenner – die tiefe soziale und wirtschaftliche Krise. Doch in Kroatien werden wohl auch Korruption und Machtmissbrauch die regierende HDZ zu Fall bringen. Seit Wochen muss sich der frühere Ministerpräsident Ivo Sanader vor einem Gericht in Zagreb verantworten. Ihm wird illegale Provisionsannahme in zwei Fällen vorgeworfen. Sanaders Prozess flimmert zwei Mal pro Woche über die Fernsehschirme und erinnert die Kroaten so regelmäßig an die korrupten Praktiken der HDZ, gegen die im Wahlkampf auch noch Anklage wegen Schwarzgeldkonten erhoben wurde.

Mit dieser Erblast hat Ministerpräsidentin Jadranka Kosor keine Chance. Ihr Erfolg, die Beitrittsverhandlungen mit der EU abgeschlossen zu haben, steht völlig im Schatten von Korruption und Krise. Wenn Kosor daher am 9. Dezember in Brüssel den Beitrittsvertrag unterschreibt, dürfte sie politisch bereits Geschichte sein. Vorausgesagt werden ihr 42 bis 45 Sitze im 151 Sitze zählenden Parlament – das wäre ein ähnlich schlechtes Ergebnis wie beim Absturz der HDZ 2000 nach dem Tod von Staatsgründer Franjo Tudjman. Eine absolute Mehrheit sagen Umfragen dagegen der Mitte-links-Koalition voraus, die auf 79 Sitze kommen soll. Geführt wird das Vier-Parteien-Bündnis vom 45-jährigen Sozialdemokraten Zoran Milanovic.

Die neue Regierung wird jedenfalls rasch handeln müssen; zunächst stehen die Ratifizierung des Beitrittsvertrages und dann voraussichtlich im Februar das EU-Referendum bevor. Gleichzeitig müssen umfassende Reformen (Gesundheit, Pension, besseres Investitionsklima, Arbeitsmarkt) glaubhaft begonnen werden, um das Vertrauen der Finanzmärkte und eine weitere Herabstufung durch Ratingagenturen schon beinahe auf Ramschstatus nicht zu riskieren.

Die Zeit drängt auch im Nachbar- und Euro-Land Slowenien, auch wenn dort die Staatsverschuldung geringer (43 Prozent des BIP) und die mögliche weitere Herabstufung durch Ratingagenturen nicht so drastisch wäre. Ministerpräsident Borut Pahor dürfte es nicht mehr schaffen; ihm werden nur noch zehn Prozent und der Verlust von zwei Drittel seiner Wähler vorausgesagt. Er kämpft mit einer neuen liberalen Bürgerbewegung und der Rentnerpartei um den dritten Platz. Dem neuen Hoffungsträger der Linken Zoran Jankovic werden bis zu 25 Prozent und der zweite Platz vorausgesagt. Der 58-jährige Bürgermeister von Ljubljana und ehemalige Generaldirektor der Handelskette Mercator verspricht sozialverträgliche Reformen des Arbeitsmarkts und des Pensionssystems.

Klarer Sieger mit 30 Prozent und mehr dürfte Janez Jansa mit seiner konservativen Partei SDS sein. Sein zentrales Wahlkampfmotto lautete Gerechtigkeit. Wahlkampfhilfe durch eine Video-Botschaft bekam Jansa auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die – ohne Jansas Namen allerdings korrekt aussprechen zu können – ihn als „großartigen Europäer“ lobte. Jansa könnte mit erwarteten 90 Sitzen sogar eine rein konservative Regierung bilden, wenn zwei Kleinparteien den Wiedereinzug schaffen. Scheitern sie an der Vier-Prozent-Hürde, stehen noch zwei andere, kleine Parteien zur Verfügung.

Umfassende Reformen könnte Jansa möglicherweise dennoch nicht schaffen. Volksabstimmungen sind in Slowenien sehr leicht möglich, und daran scheiterten – mit kräftiger Hilfe von Jansa und den Gewerkschaften – schon viele Vorhaben der Regierung Pahor. Dies könnte nun Jansa selbst drohen. Es sei denn, es gelänge ihm, Opposition und Gewerkschaften zu überzeugen, dass Slowenien wegen der internationalen Finanzmärkte keine Zeit mehr zu verlieren hat.

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