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Willkommenskarten, die Flüchtlinge bekommen sollen, damit ihnen die Integration und Verständigung besser gelingt.

© Felix Kästle/dpa

Ein Zwischenruf zum Handschlag: Wir müssen aufhören, allergisch auf muslimische Eigenarten zu reagieren

Bei der Integration sollten wir endlich Wichtiges (Herrschaft des Rechts) vom Unwichtigen (Kopftuch, Handschlag) unterscheiden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Barbara John

Zuerst die Minarette, jetzt der Handschlag in einer Schule in Therwil bei Basel – die Schweiz reagiert schon wieder allergisch auf muslimische Eigenarten. Nun sind es zwei halbwüchsige syrische Brüder, 14 und 15 Jahre alt, die eine Mega-Diskussion ausgelöst haben, weil sie sich weigerten, ihrer Lehrerin die Hand zu geben, den Lehrern schon. Die Erklärung der Eltern lautete: Nur dem Ehemann sei es erlaubt, eine Frau zu berühren. Doch in der Therwiler Sekundarschule ist das Handgeben eine verbindliche Regel, ein gewohnter Brauch.

„Rendezvous mit der Globalisierung“

Inzwischen hat sich auch die Ministerin für Einwanderung, Simonetta Sommaruga, eingemischt und erklärt, der Handschlag sei Teil der Schweizer Kultur und gehöre zum Alltag. Das rief die Verteidiger von Grundsätzen auf den Plan. Der Schulleiterverband fordert Richtlinien zur Erzwingung des Händedrucks und die Schulbehörde will rechtlich prüfen lassen, was höher wiegt, die Glaubensfreiheit oder die Gleichbehandlung der Geschlechter und die Schulpflicht mit ihren obligatorischen Verhaltensregeln. Die vom Schulleiter getroffene vorläufige Lösung fand keine Anhänger. Er hatte die Gleichbehandlung der Geschlechter wieder hergestellt, indem er die Brüder anwies, auch den Lehrern nicht die Hand zu geben.

Bei uns läuft es übrigens ähnlich kleinkariert ab. Kopftuchträgerinnen finden kaum Jobs. Die CDU-Vorsitzende der CDU in Rheinland-Pfalz klagte, dass ein Imam ihr nicht die Hand geben wollte und forderte gesetzliche Integrationsverpflichtungen.

Ich frage mich, wann wir endlich die große Aufgabe unserer Zeit, nämlich das „Rendezvous mit der Globalisierung“ also das Leben in einer kulturell und religiös heterogenen Gesellschaft als Begegnung verstehen und nicht als Dauerstreit und Kampf. Eine Gesellschaft, in der wir Wichtiges (Herrschaft des Rechts) vom Unwichtigen (Kopftuch, Handschlag) zu unterscheiden wissen. In der wir keine faulen Kompromisse eingehen, aber auch nicht mit faulen Eiern werfen, wenn vertraute Gewohnheiten nicht von allen akzeptiert werden. Als mir ein Imam nicht die Hand gab, war ich zuerst perplex, später aber vorbereitet. Ich klopfte ihm sacht den Arm und sagte: „Ein Zeichen der Wertschätzung. Meine Religion erlaubt das.“

Barbara John ehemalige Ausländerbeauftragte des Berliner Senats (CDU) u. a. Voritzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Berlin Kreuzberg im Januar 2016 Foto: Doris Spiekermann-Klaas
Barbara John ehemalige Ausländerbeauftragte des Berliner Senats (CDU) u. a. Voritzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Berlin Kreuzberg im Januar 2016 Foto: Doris Spiekermann-Klaas

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