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Deutsche Pässe sind kein Renner.

© avatra/bb

Einbürgerungen: Deutscher Pass ist kein Bestseller

Die Zahl der Einbürgerungen blieb auch 2009 hinter früheren Jahren zurück. Nach einem Rekordtief im Jahr 2008 gibt es zwar einen Aufwärtstrend, aber nur einen kleinen.

Berlin - Nach Bekanntwerden der neuen Einbürgerungsstatistik hat die Opposition der Bundesregierung vorgeworfen, Einwanderern den Weg zum deutschen Pass massiv zu erschweren. Anlass dafür sind die neuesten Zahlen vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden: Im vergangenen Jahr wurden rund 96 000 Ausländer eingebürgert, wie das Amt mitgeteilt hat. Zum Vergleich: Nach der Reform der Staatsbürgerschaft erhielten von 2000 bis 2007 durchschnittlich rund 140 000 Ausländer einen deutschen Pass. Die neue Bilanz zeigt zwar – nach einem Tief im Jahr 2008 – wieder einen Aufwärtstrend. Doch die Zahl stieg im Vergleich zum Vorjahr lediglich um 1650 Einbürgerungen und damit um 1,7 Prozent.

Dabei zeigten sich in den Bundesländern unterschiedliche Entwicklungen.Während die Zahl der Eingebürgerten etwa in Hessen, Berlin und Niedersachsen sank, stieg die Zahl in Bayern, Baden-Württemberg und Hamburg. Die größte Gruppe der neuen Wahldeutschen sind Türkischstämmige mit 24 600 Eingebürgerten. Einen besonders hohen Anstieg gab es bei Afghanen mit 41 Prozent und Irakern mit 21 Prozent.

Der Streit um die niedrigen Einbürgerungszahlen geht zurück auf die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts durch die damals rot-grüne Regierung 2000. Sie sollte die Hürden für Einbürgerung senken und das Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 ablösen. Doch seither ist eine Mehrstaatlichkeit („Doppelpass“) für Einwanderer verboten, die nicht aus EU-Ländern kommen. Deutscher werden kann heute, wer seit mehr als acht Jahren in Deutschland lebt, hier arbeitet, nachweislich Deutsch spricht und nicht vorbestraft ist. Seit 2008 müssen Einbürgerungswillige zudem einen Wissenstest bestehen, in dem sie 17 von 33 Fragen richtig beantworten.

Die migrationspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Sevim Dagdelen, fordert die Abschaffung des Einbürgerungstests und eine schnellere Einbürgerung nach fünf Jahren, unabhängig vom Einkommen. Grünen-Chef Cem Özdemir rief die Regierung dazu auf, „die offenkundigen Fehler ihrer Einbürgerungspolitik endlich zu korrigieren“. Falsch sei etwa, dass bei Türken, Afrikanern und Arabern offiziell der Doppelpass vermieden werden soll, „während über die Hälfte der Eingebürgerten ihre frühere Staatsangehörigkeit behalten darf“, wie die EU-Bürger. So werde das vorhandene Einbürgerungspotenzial im Land nicht ausgeschöpft. „Im Moment stellt sich die Bundesrepublik auch im europäischen Vergleich ins Abseits“, sagte Özdemir.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), stellte dagegen klar, dass die Zahlen aus ihrer Sicht keine Rückschlüsse auf den Stand der Integration zuließen. „Gleichwohl sollten wir die aktuellen Einbürgerungszahlen zum Anlass nehmen, noch intensiver für die Vorteile einer Einbürgerung zu werben.“ Auch die deutsche Seite sei gefordert. „Wir brauchen eine Willkommenskultur, die Migranten mit ihren Potenzialen offen empfängt“, sagte Böhmer. Laut Serkan Tören, integrationspolitischer Sprecher der FDP im Bundestag, muss die Politik mehr Anreize schaffen, wie etwa eine „Turboeinbürgerung“ bei sichtbaren Integrationsleistungen.

Ferda Ataman

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