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Politik: Eine Art Einkaufsliste

Oberbefehlshaber will mehr Soldaten für Afghanistan – oder die Nato-Eingreiftruppe mobilisieren

Im Norden Afghanistans, in Kundus, Faisabad und Masar-i-Scharif, können die deutschen Soldaten aufatmen – zumindest vorläufig. Die Bundeswehr führt dort die Internationale Schutztruppe (Isaf), die den zivilen Aufbau des Landes militärisch absichern soll. Daran soll sich zunächst auch nichts ändern. Die Nordprovinzen seien geradezu „ein Modell“ für die Normalisierung des Landes, rühmte Nato-Oberbefehlshaber James Jones jüngst die Arbeit der zivilen und militärischen Helfer der Regionalen Aufbauteams (PRTs). Man denke also gar nicht daran, so heißt es in Brüssel, Einheiten der Isaf aus dem relativ ruhigen Norden in den Süden zu verlegen, wo die Kämpfe der britischen Isaf-Einheiten gegen die Taliban immer erbitterter werden.

„Der Oberbefehlshaber will nicht Truppen innerhalb Afghanistans verlegen, sondern er will mehr Truppen“, erklärte am Montag ein Nato-Diplomat. Grundsätzlich haben die Nato-Mitgliedstaaten schon in der vergangenen Woche in Warschau zugestimmt, das von der Nato gestellte Isaf-Kontingent um 2000 Mann aufzustocken. Ob sie aber der allgemeinen Absichtserklärung auch konkrete Taten folgen lassen, wird sich erst diese Woche in Brüssel zeigen: Nato-Oberbefehlshaber Jones hat für Mittwoch zu einer Truppenstellerkonferenz eingeladen.

Dann wird er eine Art Einkaufsliste auf den Tisch legen, auf der die militärischen Planer verzeichnet haben, welche Truppen, welche Waffengattungen und welche Spezialfähigkeiten im unruhigen Süden gebraucht werden. Was dort fehlt, sind Kampfhubschrauber, die in dem wüstenhaften und bergigen Gelände die Artillerie ersetzen. Zweifellos benötigen die britischen Isaf-Einheiten aber auch Verstärkungen durch neue Bodentruppen.

Um die 19 600 Isaf-Soldaten mit zusätzlichen 2000 Mann zu verstärken, muss die Nato kein neues politisches Mandat beschließen. Denn bisher haben die Nato- Staaten lediglich 85 Prozent der einst zugesagten Truppenstärke gestellt. Jones gab sich bisher damit zufrieden, weil die Isaf nicht wie die US-Truppen der Operation „Enduring Freedom“ gegen die Taliban kämpfen musste, sondern nur zur Sicherung des Aufbaus in Kabul und in den relativ ruhigen Nord- und Westprovinzen eingesetzt war.

Doch seit die Isaf ihre PRTs in den unruhigen Süden ausgedehnt hat, verwischt sich immer mehr die ganz bewusst geschaffene Trennung. Die Folge: Die Nato benötigt für die Isaf nicht nur mehr, sondern auch robustere Kampftruppen. Jones will deshalb die restlichen 15 Prozent der Streitkräfte einfordern. Sollte dies nicht gelingen, dann wird er einen Schritt weiter gehen: Er wird bei einer weiteren Truppenstellerkonferenz am Freitag den Einsatz der schnellen Eingreiftruppe der Nato (NRF) in Afghanistan fordern. Und dies würde deutsche Soldaten betreffen. Denn das Eurokorps hat gerade die Führung der NRF übernommen. Den Kern stellt die deutsch-französische Brigade.

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