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Politik: Eine bisher nicht gekannte Konfrontation

Von Hans Monath Die neuen amerikanischen Vorschläge zur Einschränkung des Internationalen Strafgerichtshofes (ICC) sind in Berlin mit Sorge aufgenommen worden. Eine Regierungssprecherin wollte am Mittwoch nicht offiziell zu dem US-Angebot an den UN-Sicherheitsrat Stellung nehmen.

Von Hans Monath

Die neuen amerikanischen Vorschläge zur Einschränkung des Internationalen Strafgerichtshofes (ICC) sind in Berlin mit Sorge aufgenommen worden. Eine Regierungssprecherin wollte am Mittwoch nicht offiziell zu dem US-Angebot an den UN-Sicherheitsrat Stellung nehmen. Danach will Washington kein Veto gegen UN-Friedensmissionen einlegen, falls der Sicherheitsrat mit Bezug auf das ICC-Statut dauerhafte Immunität für Soldaten solcher Einsätze beschließt. In Regierungskreisen hieß es jedoch, der als Kompromiss bezeichnete US-Vorschlag widerspreche tatsächlich dem Geist des ICC. Im Ergebnis werde damit ein wesentliches Prinzip ausgehebelt, wonach der Gerichtshof Zuständigkeit ohne Ausnahme beanspruche.

Gleichzeitig haben die Bundesregierung und die Fraktionen Vorkehrungen dafür getroffen, die Friedensmission in Bosnien auch fortzusetzen, falls der UN-Sicherheitsrat den US-Vorschlag ablehnt. Aus Regierungskreisen hieß es, eine solche Ablehnung wäre im deutschen Interesse, falls das amerikanische Vorhaben nicht modifiziert wird. Für diesen Fall wollen die Bundesregierung sowie alle Fraktionen mit Ausnahme der PDS ein neues Mandat für den Bundeswehr-Einsatz in Bosnien auf Grundlage des Vertrags von Dayton beschließen. Die neue Entscheidung würde notwendig, da die Entsendung bisher an ein Mandat des UN-Sicherheitsrats gekoppelt ist. Noch am Donnerstag soll das Kabinett dann im so genannten „Umlaufverfahren“ einen Entsendebeschluss fassen, der Bundestag könnte die Fortsetzung der Mission am Freitag auf neuer Grundlage bestätigen.

Das Verhalten der USA in der Veto-Frage hat in Berlin quer durch die Parteien große Irritation ausgelöst. SPD-Fraktionschef Peter Struck sagte nach Angaben von Teilnehmern in der Fraktionssitzung am Dienstag, in diesem Punkt könne man die USA „nur kritisieren“. Fraktionsvize Gernot Erler warnte im Deutschlandfunk vor einer Schwächung der UN durch die Politik der Regierung Bush. Washington spiele seine Position „mit einer großen Rücksichtslosigkeit gegenüber der Weltgemeinschaft“ aus. „Das ist eine Konfrontation, die man sich so bisher nicht vorstellen konnte“, sagte Erler. Der außenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Helmut Lippelt, sagte in einer öffentlichen Sitzung des Auswärtigen Ausschusses, das europäisch-amerikanische Verhältnis stehe in einer „sehr scharfen Krise“. Lippelt warnte davor, das Problem schönzureden.

Der Verzicht auf ein ausdrückliches UN-Mandat für eine Einsatzverlängerung würde nach Einschätzung der Koalitionsfraktionen keinen Präzedenzfall schaffen. Es sei wichtiger, die Mission fortzusetzen, als auf einem formellen UN-Mandat zu bestehen, hieß es bei SPD und Grünen. In Koalitionskreisen wurde damit gerechnet, dass UN-Generalsekretär Kofi Annan die Fortführung des Einsatzes in Bosnien in einer Erklärung begrüßt, falls der Sicherheitsrat ihn nicht offiziell verlängern kann. Nach einem internen Bericht des Entwicklungshilfeministeriums haben sich seit Amtsantritt der Regierung Bush in 20 außen- und entwicklungspolitischen Fragen schwere Konflikte zwischen Deutschland und den USA ergeben. Ein Sprecher des Ministeriums bestätigte gestern die Existenz des Papiers, über das die „Frankfurter Rundschau“ berichtet hatte.

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