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Politik: Eine gute und viele schlechte Nachrichten

Die Warnungen des Weltklimarats sind eindeutig. Die Handlungsanweisungen für die Politik sind es auch

Berlin - Als der Welt-Klimarat (IPCC) 2001 seinen dritten Sachstandsbericht über die Klimaforschung vorgelegt hatte, wurde dieser Bericht über Jahre von Klimaskeptikern angegriffen. Eine kleine Gruppe Forscher, die sich überwiegend von Mineralölkonzernen für ihre Haltung bezahlen ließen, behaupteten unter großer öffentlicher Anteilnahme, dass der Klimawandel gar nicht oder nur in kleinen Teilen vom Menschen gemacht sei. Eine Position, die nun nach dem vierten Sachstandsbericht so gut wie kein Wissenschaftler mehr einnimmt.

Mit der geballten Autorität von 2500 Klimaforschern aus 130 Ländern, die dafür am 10. Dezember den Friedensnobelpreis entgegennehmen werden, gibt es keinen vernünftigen Zweifel mehr an der Verantwortlichkeit des Menschen für die globale Erwärmung. Kein Wunder, dass die Skeptiker diese Behauptung aufgegeben haben und nun behaupten, der Klimawandel schreite so schnell voran und sei politisch so schwer zu bewältigen, dass es ohnehin keinen Sinn mehr habe. Doch auch diesem Argument hat der IPCC etwas entgegenzusetzen: Es kostet viel weniger, den Ausstoß an Treibhausgasen wirksam zu vermindern, als für die Folgekosten aufzukommen. Zudem müssen lediglich schon vorhandene Technologien zur Energieeinsparung und zur kohlenstofffreien Energieproduktion eingesetzt werden, um die Menschheit sowie viele Tier- und Pflanzenarten zu retten.

Der IPCC hat in diesem Jahr mit seinen drei Teilberichten – zur Physik des Klimawandels, den Auswirkungen und den Handlungsmöglichkeiten – sowie dem Synthesebericht, der in den vergangenen fünf Tagen im spanischen Valencia ausgehandelt worden ist, ein Dokument mit politischem Gewicht vorgelegt. Denn die Zusammenfassungen sowohl der Teilberichte als auch des Syntheseberichts wurden Zeile für Zeile mit mehr als 130 Regierungen abgestimmt. Am Ende konnten nicht einmal mehr die USA verhindern, dass im Synthesebericht einige Punkte noch klarer als in den Teilberichten stehengeblieben sind. Der Friedensnobelpreis hat den Wissenschaftlern offenbar so viel Auftrieb gegeben, dass sie in Valencia mit noch größerem Nachdruck für ihre Formulierungen gekämpft haben. Etwa für den Hinweis, dass es nach dem Stand der Wissenschaft 2005 – das war der „Redaktionsschluss“ für den Bericht – nicht möglich sei, eine belastbare Voraussage über den Meeresspiegelanstieg zu machen. Im ersten Teilbericht hatte der IPCC noch von „59 Zentimetern bis 2100“ gesprochen, doch angesichts des Tempos, in dem das arktische Eis und die Gletscher Grönlands sowie der Westantarktis schmelzen, wollten die Forscher sich darauf nicht mehr einlassen.

Neu sind fünf „Gründe zur Sorge“, die im zweiten Teilbericht noch aus der Zusammenfassung gestimmt worden waren: Bei einem Temperaturanstieg zwischen 1,5 und 2,5 Grad im Vergleich zur Durchschnittstemperatur zwischen 1980 und 1999 steigt das Risiko, dass zwischen 20 und 30 Prozent der bekannten Tier- und Pflanzenarten aussterben werden. Das ist das Niveau, das realistischerweise nicht mehr zu verhindern ist, selbst wenn es gelingt, die Welt in den kommenden zehn Jahren auf den Weg einer „kohlenstoffarmen Wirtschaft“ zu bringen, wie es der IPCC-Vorsitzende Rajendra Pachauri am Samstag verlangt hat.

Selbst wenn es bei dieser moderaten Erwärmung bleibt, werden nach IPCC-Angaben zwischen 75 und 250 Millionen Menschen mehr unter Wassermangel leiden. Die Ernten in der regenabhängigen Landwirtschaft vor allem in Afrika werden um etwa die Hälfte sinken. Steigt die Meerestemperatur weiter an, werden noch mehr Korallenriffe ausbleichen, also absterben. Das Kohlendioxid, das im Meer gespeichert wird, wiederum lässt die Ozeane versauern, auch das setzt den Korallen und anderen Schalentieren zu. Zudem steigt mit jedem Zehntelgrad das Risiko extremer Wetterereignisse wie schweren Dürren, Überschwemmungen und katastrophalen Stürmen.

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