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© Christian Krinninger

Eine Mathematikerin leitet in Zukunft das BSI: Neue Chefin für Deutschlands Cybersicherheitsbehörde

Claudia Plattner kommt von der Europäischen Zentralbank und übernimmt den Posten von Arne Schönbohm. Der Leiter des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnologie war nach einem Fernsehbeitrag in Ungnade gefallen.

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Claudia Plattner wird neue Präsidentin des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) – der deutschen Cybersicherheitsbehörde. Plattner ist damit die erste Frau in der Leitung des Ressorts, das seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und den verstärkten Cyberangriffen nochmals an Bedeutung gewonnen hat.

Plattner folgt auf den bisherigen Präsidenten Arne Schönbohm, der im vergangenen Jahr von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) abgesetzt wurde, nachdem in der Satiresendung ZDF Magazin Royale über ihn berichtet wurde. Überzeugende Argumente, warum Schönbohm gehen musste, hat das Bundesinnenministerium (BMI) bis heute nicht benannt.

Für die Nachbesetzung soll es Ministerin Faeser wichtig gewesen sein, auf Diversität zu achten, heißt es aus Regierungskreisen. Auch soll es gar nicht so leicht gewesen sein, eine geeignete Person zu finden, manche hätten das Angebot abgelehnt.

Die Stelle der BSI-Präsidentin ist zwar eine, die mit sehr viel Macht und Prominenz verbunden ist, aber sie wird nicht nur laut Tarif schlechter bezahlt als Cybersicherheitsstellen in der freien Wirtschaft. Nach der Absetzung des Vorgängers Arne Schönbohm wurde sie auch von manchen als Schleudersitz bezeichnet. Vor allem, weil gerade ein Gesetzentwurf im Kabinett ist, der aus der Stelle der BSI-Präsidentin die einer politischen Beamtin machen soll. Damit könnte die Plattner noch leichter versetzt oder abgesetzt werden als ihr Vorgänger.

Sowohl die Mitarbeitenden des BSI als auch die Mitarbeitenden der EZB sollen von dieser Personalie erst aus den Medien erfahren haben. Da der Vertrag noch nicht unterschrieben war, als die Presseberichte veröffentlicht wurden, war eine bessere interne Kommunikation gar nicht möglich. Der Name Plattner ist bei den Mitarbeitenden des BSI noch nicht bekannt, sie müssen sich jetzt erst ihr Bild machen.

Von der Bahn über die EZB zum Amt in Berlin

Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte zur neuen Personalie in einem Pressestatement: „Ich freue mich sehr, dass ich mit Claudia Plattner eine herausragende, international vernetzte IT-Sicherheitsexpertin mit großer Managementerfahrung als künftige BSI-Präsidentin gewinnen konnte.“ Und weiter: „Frau Plattner bringt die Erfahrung und Expertise mit, die wir in diesen besonders herausfordernden Zeiten für die Cybersicherheit brauchen.“ Claudia Plattner selbst sagte: „Cybersicherheit ist eine bedeutende Herausforderung für Regierungen. Es ist mir eine Ehre, in dieser neuen Rolle in den Dienst der Bundesrepublik zu treten, so wie es mir auch eine Ehre war, für die EZB zu arbeiten.“

Plattner kommt von der Europäischen Zentralbank, wo sie seit Juli 2021 als „Director General Information Systems“ arbeitete. Laut EZB entwickelte und unterstützte sie die Informations- und Kommunikationssysteme der EZB und des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB). Bevor sie bei der EZB war, war sie Chief Information Officer (CIO) bei DB Systel. Das ist eine Firma, die IT-Lösungen für die Deutsche Bahn entwickelt. Plattner hat sich dort seit 2017 mit der Digitalisierung und Modernisierung der DB-IT-Systeme beschäftigt. 

Es ist mir eine Ehre, in dieser neuen Rolle in den Dienst der Bundesrepublik zu treten, so wie es mir auch eine Ehre war, für die EZB zu arbeiten.

Claudia Plattner, zukünftige Chefin des BSI

Mit Baukästen von Fischer Technik und Lego fing ihre Leidenschaft an

In einem Interview mit dem Podcast programmier.bar berichtet sie, dass sie sich schon immer für Technik interessiert habe, „begonnen bei Baukästen wie Fischer Technik oder Lego“. In den 1980ern habe ihr Vater ihr die Programmiersprache BASIC beigebracht. Später studierte sie Mathematik an der TU Darmstadt und an der Tulane University in New Orleans in den USA.

Mit ihrem Hintergrund als Mathematikerin bringt sie – anders als ihr Vorgänger – technische Kompetenzen mit, um die Behörde zu führen, die derzeit 1441 Informatiker:innen, Physiker:innen, Mathematiker:innen und andere Mitarbeitende beschäftigt. Allerdings lag ihr Schwerpunkt bisher nicht im Bereich Sicherheit oder Kryptografie; ihren Abschluss in der Mathematik nutzte sie zunächst als ,,Datenbändigerin’’ und dann in Managementpositionen.

Ihr Vorgänger Arne Schönbohm wurde vor allem als Netzwerker und Manager eingesetzt, der die Aufgaben der Behörde auch vor dem weisungsgebenden BMI verteidigte und bei Zielkonflikten mit den Sicherheitsbehörden. Durch ihre Funktion bei der EZB kennt sich Plattner jedoch bereits mit der Leitung in Behördenstrukturen aus.

Mit Claudia Plattner konnte eine ausgewiesene Expertin mit fundierten Vorkenntnissen für das wichtige Amt der BSI-Präsidentin gewonnen werden.

Misbah Khan und Konstantin von Notz (Grüne) zur neuen Chefin des BSE

Misbah Khan, für die Grünenfraktion Mitglied im Ausschuss für Inneres und Heimat, und Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender, sagten zur Personalie: „Mit Claudia Plattner konnte eine ausgewiesene Expertin mit fundierten Vorkenntnissen für das wichtige Amt der BSI-Präsidentin gewonnen werden.“ Die neue BSI-Präsidentin übernehme das Amt in extrem bewegten Zeiten. Der Angriffskrieg Russlands habe offenbart, wie ungenügend unsere Demokratie noch immer vor bestimmten sicherheitspolitischen Bedrohungen geschützt ist.

Und: „Die Causa Schönbohm hat zu einer erheblichen Verunsicherung geführt. Es ist gut, dass die monatelange Hängepartie um die zukünftige Spitze des BSI nun endlich beendet und ein weiterer Reputationsverlust abgewendet ist.“

Manuel Höferlin, Innenpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, sagte: „Ihre fachliche Eignung für diese Aufgabe ist über jeden Zweifel erhaben. In Zeiten, in denen bei der Cybersicherheit nicht nur viel aufgeholt werden muss, sondern gleichzeitig durch Russland und andere das Bedrohungsszenario wächst, ist das eine gute Nachricht für Deutschland. Sie hat meine volle Unterstützung, wenn es darum geht, sich im Sinne der Cybersicherheit auch gegen Interessen anderer Stellen durchzusetzen.“

Im Innenministerium war es immer wieder zu Diskussionen gekommen, da das BSI als Cybersicherheitsbehörde andere Vorstellungen hat als die klassischen Sicherheitsbehörden, wenn es beispielsweise um das Schließen von Schwachstellen geht.

Damit Plattner ihre Aufgaben in der EZB noch weiter wahrnehmen und übergeben kann, wird sie die neue Stelle erst am 1. Juli antreten. Bis dahin wird Vizepräsident Gerhard Schabhüser weiter die Behörde leiten.

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