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Politik: Eine Tür nach Europa

In Kaliningrad führt Fischer den ersten deutschen Generalkonsul ins Amt ein. Moskau hat keine Bedenken mehr

Kant und Königsberg – das gehört einfach zusammen. Und so ist es kein Zufall, dass Außenminister Joschka Fischer einen wichtigen dienstlichen Termin in Kaliningrad, dem früheren Königsberg, ausgerechnet auf diesen Donnerstag legte – den 200. Todestag von Immanuel Kant. Natürlich wird Fischer, der bereits am Mittwoch nach Kaliningrad reiste, einen Kranz am Grab des Philosophen niederlegen. Den Blick in die Vergangenheit verbindet er aber mit einem symbolischen Akt, der den Weg in die Zukunft weisen soll: An diesem Donnerstag führt Fischer in Kaliningrad den ersten deutschen Generalkonsul in sein Amt ein.

Was auf den ersten Blick wie eine Personalie aussehen mag, ist alles andere als diplomatischer Alltag. Den Plan für ein deutsches Generalkonsulat in der russischen Exklave Kaliningrad gibt es bereits seit zehn Jahren. Damals scheiterte der Wunsch der Deutschen jedoch am massiven Widerstand russischer Nationalisten, die befürchteten, Deutschland wolle sich das durch den Zweiten Weltkrieg verlorene Gebiet durch die Hintertür zurückholen. Doch die Zeiten haben sich geändert – und die deutsch-russischen Beziehungen. Unter Russlands Präsident Wladimir Putin hat der Argwohn gegenüber dem Westen einem eher partnerschaftlichen Verhältnis Platz gemacht. Die Ängste auf der russischen Seite seien abgebaut worden, heißt es in Berlin.

Hilfreich war auch die Tatsache, dass Russland heute in einem deutschen Konsulat eher einen Vorteil für seine Exklave sieht. Schließlich wird Kaliningrad nach dem EU-Beitritt Polens und Litauens am 1. Mai auf dem Landweg nur noch über das Gebiet der Europäischen Union zu erreichen sein. Das Konsulat sei ein „wichtiges Signal, dass unsere Sorgen in der Europäischen Union ernst genommen werden“, sagte der Kaliningrader Gouverneur Wladimir Jegorow. Und auch Dmitrij Rogosin, Putins früherer Kaliningrad-Beauftragter, sprach sich für das Konsulat aus.

Viele Menschen in Kaliningrad hatten in den vergangenen Jahren befürchtet, sie könnten durch die EU-Erweiterung gleich doppelt von der Außenwelt abgeschnitten sein: von Russland durch das EU-Gebiet und von der EU durch eine restriktive Visa-Regelung. Russlands Diplomaten, allen voran Rogosin, hatten in Europas Hauptstädten für eine unbürokratische Regelung geworben – am liebsten wäre es ihnen gewesen, die EU hätte die Visa-Pflicht für Russen ganz abgeschafft. Am Ende einigten sich beide Seiten auf eine Transitregelung, die bereits im vergangenen Jahr in Kraft getreten ist. Seitdem ist die Skepsis in Moskau nahezu verschwunden.

Die Ausgabe von Visa wird eine der Hauptaufgaben des Generalkonsulats sein. Fast eine Million Menschen leben in der Region Kaliningrad. Bisher führte für sie der Weg nach Deutschland über Moskau – und das, obwohl Berlin viel näher liegt. Doch wer schon jetzt an die Tür des neuen Konsulats klopfen will, kommt zu früh. Ein geeignetes Gebäude ist noch nicht gefunden – ganz so reibungslos ist die Zusammenarbeit mit den Behörden dann doch nicht. Generalkonsul Cornelius Sommer, vorher Botschafter in Finnland, arbeitet seit Januar zusammen mit einem Mitarbeiter von einem Hotel aus. Der Amtsbetrieb wird erst im Sommer aufgenommen. So lange wollte Fischer nicht warten – schließlich ist Kants 200. Todestag am 12. Februar.

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