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Politik: Eine vage Beschuldigung der Hisbollah Bulgariens Regierung lässt Fragen zu Attentat offen

Sofia - Wenige Minuten genügten Israels Staatspräsident Benjamin Netanjahu am 18. Juli 2012, um die schiitische Hisbollah zur Urheberin des Bombenattentats am Flughafen Burgas zu erklären.

Sofia - Wenige Minuten genügten Israels Staatspräsident Benjamin Netanjahu am 18. Juli 2012, um die schiitische Hisbollah zur Urheberin des Bombenattentats am Flughafen Burgas zu erklären. Sieben Menschen, darunter fünf Israelis, kamen dabei ums Leben. Fast ein halbes Jahr zögerte aber die bulgarische Regierung, um Netanjahus Anfangsverdacht zu bestätigen. Man werde erst dann Schuldige benennen, wenn man über eindeutige Beweise verfüge, beteuerte Bulgariens Ministerpräsident Boiko Borissov.

Als Innenminister Tsvetan Tsvetanov jetzt aber erklärte, man könne die „begründete Annahme machen – und hier will ich betonen: begründete Annahme –, dass die beiden Personen, deren Identität ermittelt wurde, zum militärischen Arm der Hisbollah zählen“, erweckte er nicht den Eindruck, der Fall sei aufgeklärt. Tsvetanov blieb in seiner Darstellung des Ermittlungsstandes vage, nannte weder die Namen der angeblich als Mittäter entlarvten, im Libanon lebenden australischen und kanadischen Staatsbürger, noch gab er neue Erkenntnisse zum Ablauf des Attentats preis.

Die Wege der beiden mit authentischen Dokumenten nach Bulgarien ein- und wieder ausgereisten Komplizen des Attentäters hätten rekonstruiert werden können, führte Tsvetanov aus, blieb Einzelheiten aber schuldig. Unbekannt ist weiterhin die Identität des bei der Explosion umgekommenen mutmaßlichen Attentäters. Bei ihm wurde ein gefälschter Führerschein auf den Namen Jaque Felipe Martin gefunden, Minister Tsvetanov nennt ihn indes hartnäckig „Filip“.

Fraktionsübergreifend kritisierten Oppositionspolitiker in der Nationalversammlung Tsvetanovs Darstellung des Ermittlungsstandes; sie argwöhnen, dessen „begründete Annahme“ zur Urheberschaft der Hisbollah basiere weniger auf zweifelsfrei ermittelten Fakten als auf außenpolitischem Druck vor allem von Israel und den USA. Borissovs sozialistischer Vorgänger im Amt, Sergej Stanischev, fürchtet, eine eher politisch als kriminologisch fundierte Schuldzuweisung erhöhe für Bulgarien das Risiko künftiger Attentate. Und Bulgariens früherer Ministerpräsident Ivan Kostov von den konservativen Demokraten für ein starkes Bulgarien fordert, Ministerpräsident Borissov müsse den Abgeordneten im Parlament Rede und Antwort stehen: „Tsvetan Tsvetanov tritt hervor und sagt was. Die am wenigsten überzeugende Person kann in unseren Augen keine seriöse Quelle für solch eine Information sein“, sagte Kostov.

Die Kontroverse um Ermittlungsstand und Urheberschaft des Attentats von Burgas kommt für Regierungschef Borissov nicht ungelegen, lenkt sie doch die Aufmerksamkeit ab von der aktuellen Affäre „Agent Buddha“. Unter diesem Pseudonym soll Borissov ab 1996 der Zentraldirektion Kampf gegen das Organisierte Verbrechen als Informant zugetragen haben. Borissov bestreitet dies zwar, hat sich dabei aber in Widersprüche verstrickt, die die Diskussion um seine Vergangenheit andauern lassen dürften. Frank Stier

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