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Staatsekretär Stéphane Beemelmans

© picture alliance / dpa

Politik: Einer musste gehen

Verteidigungsministerin Leyen macht einen Vertrauten zum Staatssekretär Für ihn muss die „graue Eminenz“ Rüdiger Wolf weichen.

Von Robert Birnbaum

Berlin - Es ist allmählich so etwas wie eine Tradition im durchaus traditionsbewussten Bundesministerium der Verteidigung: Bekommt das Haus einen neuen Chef, muss in der zweiten Ebene beizeiten einer gehen. Die Motive sind jeweils ganz unterschiedlich, aber die neue Chefin macht keine Ausnahme. Ursula von der Leyen hat nach gerade mal zwei Tagen im Amt den Staatssekretär Rüdiger Wolf entlassen. Zugleich hat sie den zweiten Spitzenbeamten des Hauses bestätigt – Stéphane Beemelmans bleibt. Das eine wie das andere wirft ein erstes kleines Schlaglicht darauf, wie es unter Leyen künftig in dem Haus zugehen wird, das als das schwierigste und unberechenbarste in der Regierung gilt.

Dass einer der beiden Staatssekretäre das Ministerbüro räumen musste, war absehbar. Dessen Nachfolger Gerd Hoofe war bereits Staatssekretär der niedersächsischen Sozialministerin Leyen. Hoofe ist ihr nach Berlin gefolgt und vom Familien- ins Arbeitsministerium mitgegangen – er gehört also quasi zur Familie. Ursula von der Leyen hat ihre Häuser ohnehin immer mit der gleichen kleinen Mannschaft geführt; auch Pressechef Jens Floßdorf war schon in Hannover dabei.

Dass jemand für den Vertrauten Platz machen musste, war also klar. Dass Beemelmans bleibt, war es auf den ersten Blick nicht. Der Spitzenbeamte stellte nämlich bisher für Thomas de Maizière das dar, was Hoofe für seine Nachfolgerin ist: der Schatten an der Seite, scheinbar unzertrennlich seit den frühen Anfängen in der Landespolitik.

Aber diesmal hat de Maizière der Nachfolgerin sogar empfohlen, den Beamten zu halten. De Maizière ist nicht freiwillig ins Innenministerium zurückgegangen, Kanzlerin Angela Merkel musste ihn massiv dorthin drängen. Mag sein, dass ihm die Rückkehr ins alte Amt auch noch mit der alten Mannschaft zu viel Nostalgie gewesen wäre.

Aber auch sachlich sprach viel für Beemelmans Verbleib. Wenn einer sich in den Details der Bundeswehr-Reform auskennt, dann der Deutsch-Franzose; er hat sie mit konzipiert. Vor allem für die Neuerungen im Beschaffungswesen ist derlei intime Kenntnis wichtig. Beemelmans, in der internen Aufgabenteilung unter anderem für Rüstung zuständig, hat zwar in der Frühphase der „Euro Hawk“-Entscheidung die politischen Naturgesetze einer Affäre ebenso unterschätzt wie sein Chef. Aber Erfahrung ist kein schlechter Lehrmeister. Im Bendlerblock ist der 48-Jährige nicht überall beliebt. Beemelmans ist von schnellem Verstand und neigt nicht zur Selbstunterschätzung – die Kombination kann für Untergebene schwierig sein. Doch sein Ex-Chef hat zum Abschied die Bilanz gezogen, das Verteidigungsministerium sei ein Haus, das man „nur mit Härte und Herz leiten kann“. Es ist bestimmt kein Zufall, dass der Sprachtüftler de Maizière die Härte dem Herz vorangestellt hat.

Was das angeht, ist ihm die neue Chefin mindestens ebenbürtig. Auch deshalb hielt sie Wolf offenbar für den entbehrlicheren der zwei Staatssekretäre. Der Jurist war seit 1988 im Ministerium, seit 1994 in der Haushaltsabteilung und seit 2008 als Staatssekretär deren Ober-Chef. In der Position wird einer leicht zur „grauen Eminenz“. Wolf war nicht so bekannt, aber in seinem Bereich so einflussstark wie der legendäre Finanz-Staatssekretär Wolfgang Overhaus, der ein Jahrzehnt lang den Bundeshaushalt steuerte, ziemlich egal, wer über ihm Minister war.

Dass Wolf 63 Jahre alt ist und also sowieso in absehbarer Zeit zur Pensionierung anstand, dürfte die Entscheidung erleichtert haben. Leyen nimmt damit ein Leitungsteam in Kauf, das nicht schon seit langem im Haus verankert ist. Darin liegt ein gewisses Risiko in einem Ministerium, das für seine Seilschaften berüchtigt ist. Andererseits ist Ursula von der Leyen nicht bekannt dafür, dass sie vor solchen informellen Hierarchien größeren Respekt entwickeln würde. Robert Birnbaum

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