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Politik: Einer schießt quer

Beim Etat bangt Thüringens CDU um ihre Mehrheit

Stunden vor der Abstimmung über den Landeshaushalt ist die Mehrheit für Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) noch immer nicht gesichert. Mit dem Eisenacher CDU-Politiker und Ex-Innenminister Christian Köckert droht ihm eine Gegenstimme aus dem eigenen Lager – und damit der Verlust der hauchdünnen, absoluten Unionsmehrheit.

Streitpunkt ist die Höhe der geplanten Finanzzuweisungen an die Kommunen. Schon Wochen zuvor hatten sich acht Unionsparlamentarier aus verschiedenen kreisfreien Städten Thüringens gemeinsam um Nachbesserungen bemüht. Köckert hatte gegenüber seiner Fraktion den Etatentwurf mehrfach als „nicht zustimmungsfähig“ bezeichnet. Mitte vergangener Woche stimmte er im Finanzausschuss des Landtages schließlich einem Oppositionsantrag zu, der den Kommunen die Erlöse zusätzlicher Immobilienverkäufe zubilligte.

Seitdem hängt der Fraktionssegen schief im Erfurter Regierungsviertel. Noch am Mittwoch verweigerte CDU- Fraktionschefin Christine Lieberknecht eine interne Probeabstimmung zum Haushalt. „Es wird bis zuletzt Gespräche geben“, sagte sie. Wie Köckert ist sie evangelische Theologin und bekannte in der anschließenden Pressekonferenz zur Motivlage des Abweichlers: „Der Wesenszug der protestantischen Unabhängigkeit ist mir nachvollziehbar.“

Köckert selbst hüllt sich in der entscheidenden Frage in Schweigen. Ob er dem Haushalt zustimmen wird, lässt er offen. Er wolle keine Drohkulisse aufbauen, sondern seine Forderungen durchsetzen, sagte er am Montag. Doch das Bild der Union in der Öffentlichkeit leidet. Und das liegt auch am Krisenmanagement der Staatskanzlei.

Erst als sich Köckerts Votum nicht mehr verheimlichen ließ, reagierten Fraktion und Partei. Über einen Trick – man monierte, der Vorsitzende im Finanzausschuss habe sich verzählt – ließ die Union die Sitzung unterbrechen und wechselte Köckert aus. Die Wiederholung der Abstimmung (anstelle von Köckert nahm nun die CDU-Politikerin Evelyn Groß teil) ergab das aus CDU-Sicht erwünschte Ergebnis. Zur Begründung hieß es später: Köckert habe einen dringenden Termin wahrnehmen müssen. Politiker von PDS und SPD bezeichneten dieses Vorgehen als „rechtswidrig“, sie wollen es nun im Ältestenrat prüfen lassen. Aus ihrer Sicht wurde Köckert schlicht an der Ausübung seines Mandats gehindert.

Auf dem Kreisparteitag der CDU in Meiningen am Wochenende legte Generalsekretär Mike Mohring unbeirrt nach. Köckert habe selbstverständlich mit der Union gestimmt, behauptete er, nachdem Köckert sein abweichendes Stimmverhalten längst eingeräumt hatte. Im Saal kursierten daraufhin Zeitungsartikel mit Köckerts Aussagen und der Frage: „Lügt Mohring uns an?“

Matthias Thüsing[Erfurt]

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