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Politik: Eingreifen – mit der Nato oder mit der EU?

Rumsfeld wirbt bei Verbündeten für Amerikas Irak-Politik

Von Thomas Roser, Warschau

Sichtlich zufrieden zog der amerikanische Verteidigungsminister zum Ende seiner Warschauer Mission Bilanz. Seine Stimmung sei „exzellent“, versicherte Donald Rumsfeld zum Abschluss des Nato-Herbsttreffens mit seinen Amtskollegen in Polens Hauptstadt. Die Reaktionen auf den US-Vorschlag zur Schaffung einer Nato-Interventionstruppe seien „sehr positiv“ und „enthusiastisch“ gewesen, freute sich der Amerikaner.

Keineswegs sei es seine Absicht gewesen, bei den Nato-Partnern einen militärischen Beitrag für einen Angriff auf den Irak einzuwerben. Doch das Verständnis für die Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen sei gewachsen: Mehrere Minister hätten ihm in der Irak-Frage die Unterstützung ihrer Staaten zugesichert.

Selbst den stellvertretenden CIA-Chef hatten der Pentagon-Chef nach Warschau beordert, um die Nato-Partner von vermuteten Verbindungen zwischen dem Irak und der Al Qaida zu überzeugen. Trotz des Propaganda-Feuerwerks konnte Rumsfeld die Allianz zwar nicht auf Kriegskurs trimmen. Doch mit seinen Ausführungen zum Irak und seinem Vorstoß zur Schaffung einer schnellen Eingreiftruppe traf der 70-jährige Hardliner bei seinen europäischen Kollegen kaum auf offenen Widerspruch. Lediglich der deutsche Verteidigungsminister Peter Struck wagte den offenen Dissens. „Neuigkeiten“ über die Notwendigkeit eines Militäreinsatzes habe er bei dem Treffen nicht gehört, sagte Struck, der unter seinen Kollegen auch Verständnis und „Zustimmung“ für die deutsche Position ausmachte: „Für uns hat die politische Lösung weiter Vorrang."

Sind die kriegsentschlossenen Amerikaner bei dem geplanten Angriff auf den Irak ohnehin nicht auf die Nato angewiesen, haben sie die Bündnispartner mit ihrem Vorstoß zur Schaffung einer schnellen Eingreiftruppe unter Nato-Kommando in einen gewissen Zugzwang gebracht. Die von den USA konzipierte Krisentruppe, die auch außerhalb des Allianzgebiets zum Einsatz kommen könnte, sollte zum Großteil von den Europäern gestellt werden – und würde damit das Ende der Idee einer eigenen EU-Eingreiftruppe besiegeln. Die Idee, eine weltweite Hilfstruppe für die Amerikaner zu stellen, stößt nicht nur in Frankreich auf Skepsis. Zwar reagierten die Nato-Partner in Warschau mit höflichem Wohlwollen auf den US-Plan. Doch mit der Ankündigung von Spanien, die US-Vorlage auf ihre Kompatibilität mit den EU-Plänen zu prüfen, ist ein Konflikt mit den USA beim Prager Nato-Gipfel im November bereits vorprogrammiert. Verweigern sich die Europäer allerdings völlig den Vorstößen der ungeduldigen USA zur Reform der Nato, könnte dieser der Absturz in die Bedeutungslosigkeit drohen.

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