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Politik: Einig nur nach außen

Die Union sagt offiziell Nein zu Eichels Steuerpaket – aber einige Länder sind damit nicht glücklich

Von

Von Robert Birnbaum

und Albert Funk

Fünf Stunden lang hat die Führung der Union am Donnerstagabend in der hessischen Landesvertretung in Berlin zusammengesessen und sich vor allem über das Thema Steuern und Haushalte die Köpfe zerbrochen. Ein schwieriges Thema, weil die Union in einem Dilemma steckt: Einerseits lehnt die Partei das Steuerpaket der Bundesregierung als konjunkturfeindlich ab, andererseits könnten die klammen Länder das zusätzliche Geld ganz gut brauchen.

Nun hat sich die Unionsführung endgültig festgelegt: Das rot-grüne „Steuervergünstigungsabbaugesetz“ wird im Bundesrat keine Stimmen aus den Unions-Ländern bekommen. Also keine höhere Dienstwagensteuer, keine Kürzung der Eigenheimzulage, keine Abgaben auf Aktiengewinne, keine Abschaffung von Ausnahmen bei der Mehrwertsteuer. In diesem Jahr hätte das 1,5 Milliarden Euro für die Länder ausgemacht, die Summe soll aber in den nächsten Jahren bis auf 6,5 Milliarden steigen. Ein hübsches Sümmchen, das zum Stopfen von Löchern und zum Abbau von Schulden willkommen wäre. Denn das Ziel auch der Union lautet: 2006 will man ohne nennenswerte Neuverschuldung auskommen. Die Finanzminister jeglicher Couleur kalkulierten daher schon mit Hans Eichels Steuerpaket. Nun nicht mehr.

CSU-Chef Edmund Stoiber hatte eine Ausgleichsidee: Lasst uns mit den SPD-Ländern über eine Sparliste verhandeln, um so zu einem Ausgleich zu kommen. Intern fanden mehrere CDU-Länderchefs den Vorstoß freilich nicht so genial – nicht nur die üblichen Verdächtigen wie Peter Müller aus dem Saarland, dessen Kasse verzweifelt leer ist, sondern auch der künftige Landeschef von Niedersachsen, Christian Wulff. Dem Bayern, formuliert einer aus der Teilnehmerrunde, sei bedeutet worden, er möge bitte zurückhaltend sein mit Geschäften zu Lasten Dritter. Denn in den vergleichsweise reichen Südländern sind Einsparungen immerhin vorstellbar. Anders bei den armen Brüdern weiter nördlich. Wulff hat obendrein den Niedersachsen im Wahlkampf 2500 neue Lehrer versprochen – eine Kopie der „Unterrichtsgarantie“, mit der Roland Koch Stimmen einheimste. Mit absehbaren Folgen: Hessen ist hoch verschuldet.

Dass Stoibers Idee doch zur offiziellen Linie der Gesamtunion wurde, hat vor allem strategische Gründe. Die strikte Absage an Steuererhöhungen war tragender Bestandteil der Landtagswahlkämpfe und soll tragender Bestandteil des Wahlkampfs in Bayern im Herbst werden. Vom Nein zu Eichels Steuerpaket, das war auch den Bedenkenträgern unter den Länderchefs klar, könnte die Union nur bei Strafe des Lügenvorwurfs abrücken. Und so ist immerhin ein konkreter Vorschlag etwas länger, wenngleich ohne konkretes Ergebnis besprochen worden: Die Eingangsbesoldung von Beamten künftig niedriger ausfallen zu lassen. Und ein nicht unwesentlicher Steuervorschlag Eichels wird mitgetragen: die Verstetigung der Einnahmen aus der Körperschaftsteuer.

Dass Stoibers Sparvorstoß nun Unions-Linie ist, hat auch ganz praktische Gründe. Denn über Sparlisten reden die Finanzminister der Länder – parteiübergreifend und mit beträchtlichem Einigungswillen – schon seit Monaten, um die Ausgabenseite ihrer Haushalte in den Griff zu bekommen. Wenig scheint dabei tabu zu sein: Förderprogramme, Straßenbauvorschriften, Kosten der Zuwanderer, Weihnachts- und Urlaubsgeld der Beamten. Stoiber hat also nur vorgeschlagen, was ohnehin schon passiert.

Doch heißt es auf Seiten der SPD-Länder, alles Sparen helfe nichts, wenn die Einnahmen nicht gesichert seien. Zudem wird darauf verwiesen, dass Sparbemühungen allenfalls 2004 greifen, die Löcher aber schon 2003 klaffen. Höhere Verschuldung der Länder aber bedeutet, dass das Maastricht-Schuldenkriterium erst recht nicht erfüllt werden kann. Und eben dies verstärkt das Dilemma der Union: Mit dem Beschluss vom Donnerstag sind aus SPD-Sicht nun auch CDU und CSU mitverantwortlich, wenn der blaue Brief aus Brüssel eintrudelt und Strafzahlungen fällig werden. Einen Kompromiss auf Länderebene aber – ein wenig vom Steuerpaket hier, ein bisschen vom Sparpaket da – hat die Union vorerst verbaut.

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