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Politik: Einigung beim Frühstück

Likud und Arbeitspartei wollen wieder gemeinsam regieren – um den Abzug aus Gaza durchzusetzen

Ministerpräsident Ariel Scharon und Oppositionsführer Schimon Peres sind sich am Montag schnell einig gewesen: Bei einem gemeinsamen Frühstück kamen sie überein, schnellstmöglich Koalitionsverhandlungen zwischen der Likud-Partei Scharons und der Arbeitspartei aufzunehmen und abzuschließen. Und gleich zu Beginn der Koalitionsverhandlungen drohte Scharon seiner eigenen Partei mit Neuwahlen – für den Fall, dass „aufständische“ Koalitionsabgeordnete gegen den Eintritt der Arbeitspartei in die Regierung stimmen sollten.

Das Ziel Scharons und Peres’ ist es, der Regierung zu einer stabilen parlamentarischen Mehrheit zu verhelfen, um den Plan, sich aus dem Gazastreifen zurückzuziehen, sowie alle 21 dortigen Siedlungen und vier weitere im Westjordanland zu räumen, durchzusetzen. Zudem hofft Scharon, so verhindern zu können, dass die interne Opposition im Likud ihre Basis erweitert. Scharon überraschte diese danach mit einer scharfen Attacke vor der Knessetfraktion. Aus seiner Sicht sei die bisherige die bestmögliche Koalition. Doch nachdem er zwei Minister der Nationalen Union entlassen hat und der ebenfalls nationalistische Chef der Nationalreligiösen daraufhin aus der Regierung ausgetreten ist, verfügt er über keine stabile Mehrheit mehr. Zumal ein weiterer Abgeordneter bei Misstrauensvoten gegen die Regierung stimmt. „So geht es nicht weiter“, sagte Scharon. Die Alternative sei eine Erweiterung der Koalition durch die Arbeitspartei oder aber vorzeitige Neuwahlen. Diese Drohung galt vor allem den elf Likud-Abgeordneten vom nationalistischen Flügel, die damit drohen, bei Misstrauensvoten über Scharons Rückzugspläne nicht für die Regierung zu stimmen.

Vor einer Woche war es erstmals zu einem Unentschieden bei einer Misstrauensabstimmung gekommen – ein Resultat, das die Regierung aber nicht gefährdete. Denn Israel kennt seit einigen Jahren das konstruktive Misstrauensvotum nach deutschem Muster. Danach kann die Regierung nur gestürzt werden, wenn ein neuer Regierungschef sich mit absoluter Mehrheit durchsetzen kann. Das Abstimmungsergebnis stellte aber eine Blamage für die Regierung dar.

Auf dem Papier würde eine Regierung aus Likud, Schinui und Arbeitspartei über eine Mehrheit von 76 der 120 Abgeordneten verfügen. Doch ist diese rein theoretisch, weil mindestens elf, womöglich bis zu 22 der 40 Likud-Abgeordneten gegen eine Regierungsbeteiligung der Arbeitspartei votieren wollen oder gar eine Mehrheit in ihrer Fraktion bilden und Scharons Vorhaben verhindern könnten. In der Arbeitspartei opponieren nur fünf ihrer 21 Abgeordneten gegen einen Regierungsbeitritt.

Die Likud-interne Opposition fürchtet massiven Druck der Arbeitspartei zugunsten eines schnellen und umfassenden Rückzugs aus dem Gazastreifen und möglichst vieler Siedlungsräumungen im Westjordanland. Aus dem gleichen Grund will die Nationalreligiöse Partei die Koalition verlassen, sobald die Arbeitspartei dazukommt.

Scharon und Peres sind sich in dieser wichtigsten außen- und sicherheitspolitischen Frage weitgehend einig. Die größte Differenz betrifft die Wirtschafts- und Sozialpolitik, in der Scharon am neoliberalen Kurs seines internen Konkurrenten, Finanzminister Benjamin Netanjahu, festhalten will, während die Arbeitspartei das soziale Netz reparieren und Prioritäten anders setzen will.

Netanjahu hatte sich bereits am Sonntag mit Außenminister Silvan Schalom zusammengetan, um zu verhindern, dass einer von ihnen seinen Posten für Schimon Peres räumen muss, der – im Alter von 80 Jahren – am liebsten wieder Außenminister werden würde . Scharon scheint bereit zu sein, der Arbeitspartei bis zu acht Ministerposten anzubieten – zwei mehr als ihr eigentlich zustehen würden – wenn sie dafür auf das Außenamt verzichtet. Denn Schalom genießt in der Likud-Partei hohes Ansehen. Sollte er seinen Posten räumen müssen, geriete Scharon weiter in die Defensive.

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