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Einwanderungsexperten: Wechsel an der Spitze des Migrationsrats

Die Göttinger Juristin Christine Langenfeld folgt auf den Historiker, Gründungsvorsitzenden, Politikberater und langjährigen Kritiker der deutschen Einwanderungspolitik Klaus J. Bade.

Berlin - Vier Jahre nach seiner Gründung wechselt die Führung im Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR). Die Göttinger Juraprofessorin und Europarechtsexpertin Christine Langenfeld ist seit 1. Juli Nachfolgerin des Gründungsvorsitzenden Klaus J. Bade. Der 67-jährige Migrationshistoriker Bade war auch Initiator der Gründung des SVR, der sich – vor allem durch seinen jährlichen Bericht zum Stand der Integration in Deutschland – inzwischen als maßgebliches Expertengremium auf dem Feld etabliert hat. Den Anstoß gaben dafür auch negative Erfahrungen, die Bade, der sich als einer der ersten in Deutschland wissenschaftlich und beratend mit Migration beschäftigte, mit Gremien gesammelt hatte, die von der Politik berufen wurden.

Den beiden Expertenkommissionen etwa, die Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) berief, war ein kurzes Leben beschieden, weil ihre Ergebnisse, auch ihr Migrationsoptimismus, weder dem Minister noch den Sicherheitspolitikern im Beamtenapparat schmeckten. Das sollte bei dem von sieben Stiftungen gegründeten und finanzierten SVR anders sein. Die „fremdenfeindliche Abwehrmentalität“ der deutschen Politik hatte Bade immer wieder attackiert und oft über eine Haltung gespottet, die „Stillstand hinter Grenzen als Sicherheit, Bewegung über Grenzen als Gefahr betrachtet“. In einem taz-Interview zu seinem Ausscheiden aus dem Amt warf Bade auch einen kritischen Blick auf den deutschen Umgang mit der NSU-Mordserie: Während Norwegen auf den Massenmörder Breivik mit noch mehr „offensiver Akzeptanz von kultureller Vielfalt“ reagiere, habe es „in Deutschland nur zu Trauer und zur Wendung gegen Rechtsradikalismus gereicht“. Er vermisse „ein klares Bekenntnis, dass Antiislamismus ein Angriff auf kulturelle Toleranz und sozialen Frieden ist“. Schließlich hätten Breivik wie die NSU gezeigt, dass es eine ideelle Brücke gebe zwischen „Wort- und Tatgewalt“.

Bade, der auf ganz andere Art wortgewaltig war, dürfte dies bleiben. Er scheidet nun ganz aus dem SVR aus – so können künftige Interventionen nicht als die eines heimlichen Vorsitzenden gelesen werden. Seiner Nachfolgerin Langenfeld steht der Migrationssoziologe Ludger Pries als Vize zur Seite. Neues Mitglied im SVR wurde der Entwicklungspsychologe Haci-Halil Uslucan, Professor in Essen und Chef des dortigen Zentrums für Türkeistudien. Andrea Dernbach

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