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Zurück aus Israel: Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) am Mittwoch bei der Sitzung des Bundeskabinetts im Berliner Kanzleramt.

© Michael Kappeler/dpa

Eklat bei Gabriel-Besuch in Israel: Deutsch-Israelische Gesellschaft fordert mehr "Fingerspitzengefühl"

Gespräche mit Regierungskritikern sind bei Auslandsreisen von deutschen Außenministern üblich. In Israel sorgt ein solches Treffen für einen Affront. Die Reaktionen darauf fallen unterschiedlich aus.

Der Eklat beim Israel-Besuch von Außenminister Sigmar Gabriel schlägt weiter Wellen: Die Deutsch-Israelische Gesellschaft unterstellte dem SPD-Politiker am Mittwoch mangelndes Fingerspitzengefühl bei der Auswahl seiner Gesprächspartner. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hingegen unterstützte das Vorgehen des Vizekanzlers. Der frühere Botschafter Israels in Deutschland, Avi Primor, vermutet innenpolitische Gründe hinter dem Vorgehen Benjamin Netanjahus.

Der israelische Ministerpräsident hatte ein Treffen mit Gabriel am Dienstag kurzfristig platzen lassen. Grund war eine Diskussionsrunde des Ministers mit Vertretern von Gruppen wie Breaking the Silence (Das Schweigen brechen), die die Siedlungspolitik der israelischen Regierung in den palästinensischen Gebieten kritisieren.

Gabriel sah hinter Netanjahus Entscheidung innenpolitische Motive. Die deutsch-israelischen Beziehungen waren bereits vor dem Eklat angespannt. „Ich hätte mir mehr Fingerspitzengefühl des Ministers gewünscht“, sagte die Vize-Präsidentin der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Gitta Connemann (CDU), der „Rheinischen Post“. Es sei Tradition, bei Besuchen im Ausland mit regierungskritischen Organisationen zu sprechen. Im Falle Gabriels habe sie aber „Sorgfalt bei der Auswahl“ vermisst. „Breaking the Silence prangert an, legt aber seine Quellen nicht offen“, sagte Connemann. „Damit können israelische Behörden die Vorwürfe und Anschuldigungen nicht überprüfen.“

"Wir sollten die Beziehungen so fortsetzen wie bisher“

Der Präsident der Gesellschaft, Hellmut Königshaus, warnte vor einer Überbewertung des Vorfalls. „Das sollte uns nicht auseinanderbringen - wir sollten die Beziehungen so fortsetzen wie bisher“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“. Bundesinnenminister de Maizière sagte im RTL-Nachtjournal, Gabriel sei bei seiner Linie geblieben. „Das war eine kleine Machtprobe und der Außenminister hat Nerven bewahrt. Und so gehört sich das für einen deutschen Außenminister.“ Ein israelischer Sender hatte zuvor berichtet, Netanjahu habe Gabriel vor die Wahl gestellt, sich mit Vertretern der Gruppen oder mit ihm zu treffen.

Der Ministerpräsident habe bei seinem Vorgehen die „extreme Rechte“ in seiner Regierungskoalition im Blick gehabt, sagte Israels Ex-Botschafter in Deutschland, Avi Primor, dem Bayerischen Rundfunk. „Insofern wollte er den Eklat haben, weil das für ihn günstig ist in seinem Machtkampf gegen Konkurrenten innerhalb des rechten Lagers in Israel. Das hat wenig mit Deutschland zu tun.“ Ähnlich äußerte sich der stellvertretende SPD-Fraktionschef, Rolf Mützenich, im Deutschlandfunk. Zeitungen in Israel kommentierten die Absage des Treffens unterschiedlich.

Für „Ma'ariv“ handelte Netanjahu zu „100 Prozent korrekt“, „Jediot Achronot“ sprach dagegen von einer „Sünde“ des Ministerpräsidenten. Gabriel hatte sich am Abend wie geplant mit den Menschenrechtsorganisationen getroffen. Da sie sich kritisch mit der Siedlungspolitik ihrer Regierung auseinandersetzen, werden sie in dem Land häufig als Nestbeschmutzer oder Verräter gebrandmarkt. Sie beklagen eine immer schwierigere Arbeitsatmosphäre. Die deutsch-israelischen Beziehungen sind bereits angespannt. Die Bundesregierung hat das im Februar verabschiedete israelische Gesetz zur rückwirkenden Legalisierung von 4000 Siedlerwohnungen auf palästinensischem Privatland scharf kritisiert.

Kurze Zeit später wurden die für Mai geplanten deutsch-israelischen Regierungskonsultationen verschoben - aus Termingründen, wie es hieß. In israelischen Medien wurde aber gemutmaßt, die Verschiebung sei auf die deutsche Verärgerung über das Siedlergesetz zurückzuführen. (dpa)

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